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Oxfam warnt arme Länder davor, schlechtem Handelsabkommen zuzustimmen

Berlin / Genf (ots)

Die Chancen dafür, dass noch in
diesem Jahr ein Handelsabkommen verabschiedet wird, das zur
Armutsminderung beiträgt, werden immer geringer, so ein heute
veröffentlichter Bericht von Oxfam International.
Der Bericht "Katastrophe vorprogrammiert" hebt hervor, dass ein
gerechtes Abkommen dringend benötigt wird. Die gegenwärtigen Angebote
seien jedoch vollkommen inakzeptabel. Daher sollten die armen Länder
eher die 2006-Frist verstreichen lassen und auf besseren Angeboten
beharren. Auch wenn dies heißt, dass die US-Administration ihr
jetziges, vom Kongress erteiltes, weit reichendes Verhandlungsmandat
verliert und sich damit die Verhandlungen um Jahre verzögern.
Bei den WTO-Verhandlungen in Genf diese Woche gab es keinerlei
Fortschritte. Die EU und USA bleiben unverändert bei ihren
Verhandlungsvorschlägen, die Entwicklungsanliegen mehrheitlich
unberücksichtigt lassen. Sollten sich die Angebote in den nächsten
drei Monaten nicht maßgeblich ändern, wären die armen Länder laut
Oxfam besser beraten, weiter zu verhandeln, anstatt ein schlechtes
Abkommen zu unterzeichnen.
WTO-Mitglieder müssen sich bis Mitte dieses Jahres über Details
und Ablaufplan der Reform einigen, um ein Abkommen zu verabschieden,
bevor die US-amerikanische "Trade Promotion Authority" (TPA) Mitte
2007 ausläuft. Die WTO-Ministerkonferenz in Hongkong hatte den 30.
April als Frist für die Fertigstellung neuer Handelsverträge
festgelegt. Diese Woche wurde jedoch eingeräumt, dass dieser Termin
nicht eingehalten werden kann. Ein geplantes Treffen auf
Ministerebene wurde abgesagt. Die Mitglieder hoffen nun, sich bis
Ende Juli zu einigen.
"Die Verhandlungen verlaufen äußerst schleppend", sagt Jeremy
Hobbs, Geschäftsführer von Oxfam International. "Reiche Länder machen
vollkommen unzureichende Angebote und verlangen gleichzeitig von
armen Ländern sehr weitgehende Zugeständnisse, die verheerende
Auswirkungen haben können. Die Hoffnungen auf ein
entwicklungsförderndes Handelsabkommen werden immer geringer.
Mittlerweile geht es nur noch um Schadensbegrenzung."
Oxfams Bericht zeigt, dass die Entwicklungsländer angesichts
enttäuschender Angebote auf dem Gebiet der Landwirtschaft und
aggressiver Liberalisierungsforderungen bei Industriegütern und
Dienstleistungen schlechter dastünden als vorher. Politische
Spielräume seien zwingend erforderlich, damit die Handelspolitik
positiv für die Entwicklung eingesetzt werden kann. Die jetzigen
Vorschläge aber schränkten diese Spielräume ein. Existenzen würden so
zerstört, eine industrielle Entwicklung verhindert und der Weg in
eine Zukunft ohne Armut versperrt.
Die Reformen, die in Hongkong als Bestandteil des so genannten
"Entwicklungspakets" vorgeschlagen wurden, reichten nicht aus, um den
Schaden auf anderen Gebieten auszugleichen. Exportsubventionen sollen
nun bis 2013 abgeschafft werden. Doch diese stellten nur 3,6% der
EU-Unterstützung für die Landwirtschaft dar und hätten sowieso früher
abgeschafft werden müssen. Der zoll- und quotenfreie Marktzugang für
die ärmsten Länder sei zu sehr eingeschränkt. Die "handelsbezogenen
Entwicklungshilfe"-Angebote seien weitestgehend neu aufgewärmte,
bereits bestehende Hilfszusagen.
"Es ist schon bitter, nun sagen zu müssen, es wäre für die armen
Länder besser, dieses Jahr nicht zu unterzeichnen", so Hobbs. "Oxfam
hat immer betont, dass ein neues Abkommen mit gerechten Handelsregeln
Millionen von armen Menschen, die am Existenzminimum leben, helfen
kann. Doch die Behauptung der reichen Länder, das derzeitige Angebot
helfe den armen Ländern, ist gänzlich falsch: Die gegenwärtigen
Vorschläge würden den Entwicklungsländern mehr schaden als nützen."
Oxfam ist sich bewusst, dass eine langsame Handelsrunde ihre
Schattenseiten hat. Ungerechte Handelsregeln würden fortbestehen und
arme Menschen würden weiter darunter leiden. Auch besteht die Gefahr,
dass die reichen Länder noch stärker als jetzt auf regionale
Handelsabkommen setzen.
Hobbs: "Eine langsame Runde ist alles andere als ideal, aber wenn
die Wahl besteht zwischen einem Scheitern, einer langsamen Runde und
einem schlechten Abkommen, dann ist die langsame Runde das kleinere
Übel. Die WTO ist der beste Ort, um ein neues Handelsabkommen zu
erreichen. Es muss ein multilaterales Abkommen sein, das die
gegenwärtigen Regeln radikal reformiert und das die Entwicklung
fördert und auch den armen Ländern nützt. Die Unterzeichnung der
gegenwärtigen Vorschläge aber würde erheblichen Schaden für die
Entwicklung der armen Länder mit sich bringen."
Laut Oxfam-Bericht muss ein annehmbares Abkommen in erster Linie
den Entwicklungsländern das Recht einräumen, politische
Handelungsspielräume zu erhalten. Ob und in welchem Umfang eine
Liberalisierung sinnvoll ist, muss sich an den
entwicklungspolitischen Zielen orientieren. Zudem muss dem
Exportdumping im Agrarbereich ein Ende gesetzt und der Marktzugang
für verarbeitete Produkte verbessert werden.
Unzumutbare Forderungen bei den Industriegüter- und
Dienstleistungsverhandlungen müssen zurückgezogen werden. Die
Grundsätze der Sonderbehandlung und der "weniger als vollen
Reziprozität" müssen eingehalten werden. Arme Länder brauchen
außerdem eine angemessene "handelsbezogene Entwicklungshilfe", die
nicht an Marktöffnung gebunden ist. Zudem müssen die Patentrechte
derart gestaltet sein, dass ein Zugang zu bezahlbaren Medikamenten
möglich wird. Auch gilt es, das Problem der Präferenzerosion
ernsthaft anzugehen.

Kontakt:

Marita Wiggerthale, Tel.: +49 (0)30 4285 0621

Deutschsprachige Zusammenfassung "Katastrophe vorprogrammiert" unter

http://www.oxfam.de/download/Katastrophe_vorprogrammiert.pdf

Vollständiger englischer Bericht "Recipe for Disaster" unter
http://www.oxfam.de/download/Recipe_for_Disaster.pdf

Original-Content von: OXFAM Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell

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