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Lausitzer Rundschau: Zum Cottbuser Mammutprozess mit 230 Zeugen

Cottbus (ots)

Cottbus ist wieder in den Schlagzeilen. Nach der Aufregung um den irren Pückler der Utopia-Aufführungen am Staatstheater scheint sich nun ganz Deutschland für den verrückten Prozess-Marathon am Amtsgericht zu interessieren, der voraussichtlich über eine Länge von 17 Verhandlungstagen eine Kolonne von 230 Zeugen abfertigen wird. Natürlich geht es dabei nicht bloß um 350 Euro, die der Angeklagte tatsächlich mit dreister Masche abgezockt haben soll. Dann müsste man mit den Schultern zucken und "Bagatelle!" rufen. Viel mehr und vor allem geht es hier wohl darum, einem neunmalklugen Bengel, der die wirkliche Welt vielleicht nur vom Computerbildschirm kennt, vor Augen zu führen, wie groß das ganze Ausmaß seiner kriminellen Aktion gewesen ist und dass auch diejenigen potenziell seine Opfer sind, die ihm nicht in die Falle gegangen sind. Urkundenfälschung und Betrug (auch im Versuch) sind kein Kavaliersdelikt, und Jugend schützt vor Strafe nicht. Das ist die Botschaft aus dem Cottbuser Gerichtssaal. Für die betroffenen Zeugen und die Öffentlichkeit bleibt aber trotzdem vor allem eines hängen: Dass dieser Prozess ein unverhältnismäßig teures Lehrstück auf Steuerzahlers Kosten ist. Es müsste doch ausreichen, meint der gesunde Menschenverstand, dass ein gefälschter Brief zu seinem Absender zurückverfolgt werden kann. Es müsste doch mehr als genug sein, denkt Otto Normalbürger, dass die kriminelle Absicht und ihr offenbarer Erfolg festgestellt sind. Wozu müssen denn Hunderte Zeugen nun noch extra auf eine lange Reise quer durch Deutschland geschickt werden, um zu bestätigen, dass sie den Brief auch wirklich bekommen und dass sie ihn für echt gehalten haben? Und wieso gibt es keine andere, weniger aufwendige Möglichkeit, solche Aussagen aktenkundig und beweiskräftig zu machen? Weil es die Strafprozessordnung (StPO) so will, antworten die Juristen. Wir Nichtjuristen müssen das glauben. Aber wir dürfen daran zweifeln, ob eine solche Strafprozessordnung oder ihre Auslegung in diesem Fall noch zeitgemäß sind. Und daran, ob Richter sich nicht neben dem guten alten Grundsatz "in dubio pro reo" auch einen zweiten, abgewandelten zu eigen machen sollten: Im Zweifel für die Vernunft.

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Lausitzer Rundschau

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