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Lausitzer Rundschau: Der internationale Einsatz in Afghanistan
Es fehlt das Gesamtkonzept

Cottbus (ots)

Beim internationalen Afghanistan-Einsatz geht es
zu wie am Grabbel-Stand im Schlussverkauf: Wer zuerst zugreift, kommt
am billigsten davon. Daher sind die schnellen Zusagen Frankreichs und
Großbritanniens zu Obamas Forderungen nach mehr Soldaten aus Europa 
nicht sehr verwunderlich. Sarkozy nimmt die verstärkte 
Polizeiausbildung, Brown kündigt 500 weitere Soldaten an, beides 
relativ harmlose "Aufstockungen" des bisherigen Engagements dieser 
Länder. London wie Paris sind damit zunächst mal aus dem Schneider, 
und nun richten sich die nach Unterstützung flehenden Augen der 
Amerikaner erwartungsvoll auf Berlin. 2000 Soldaten mehr sollen aus 
Deutschland kommen, mindestens. Die Zurückhaltung Angela Merkels mag 
taktisch problematisch sein, inhaltlich ist sie trotzdem richtig. 
Denn die vom US-Präsidenten verkündete neue "Strategie" für 
Afghanistan ist noch keine, jedenfalls keine befriedigende. Sie wirft
viele Fragen auf, die erst gemeinsam geklärt werden müssen. Und dafür
bietet Ende Januar die internationale Afghanistan-Konferenz den 
richtigen Rahmen. Vorher sollten keine Beschlüsse fallen.
 Die Amerikaner wollen ihre Truppen in Afghanistan schnell und massiv
aufstocken, auf 100000. Sie beenden, und das ist richtig, die
militärische Unentschlossenheit, die Afghanistan fast neun Jahre lang
im permanenten Kriegszustand gehalten hat, ohne dem Land je Frieden 
bringen zu können. Auf der anderen Seite lockt Obama das eigene Volk 
wie die Verbündeten mit einem festen Abzugstermin: 2011 soll der 
Rückzug beginnen.
 So richtig die neue militärische Entschlossenheit ist, so falsch ist
die Verknüpfung mit einem fixen Ausstiegsdatum. Wenn das die 
internationale Strategie wäre, dann bräuchten die Taliban nur zwei 
Jahre lang in den Bergen abzutauchen, um hinterher umso kräftiger 
zurückzukehren. Aber nicht nur deshalb ist Obamas neue Strategie so 
noch nicht zustimmungsfähig. Der Kern der Dinge in Afghanistan bleibt
der Aufbau selbsttragender stabiler Strukturen. Sie allein sollten 
den Zeitpunkt des Abzugs bestimmen. Der militärischen 
Entschlossenheit muss also eine Entschlossenheit im zivilen Aufbau 
entsprechen. Dazu gehören auch die Bildung einer handlungsfähigen 
afghanischen Armee und Polizei und die Installierung einer 
akzeptierten afghanischen Regierung. Die neue militärische 
Anstrengung muss also Teil eines neuen Gesamtkonzepts sein, das auch 
die Anstrengungen auf den anderen Feldern merklich erhöht. Erst wenn 
diese Fragen geklärt sind, wird auch Deutschland einer Aufstockung 
seiner Truppen zustimmen können - und müssen. Wenn nicht, dann nicht.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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