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BVR Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken

BVR-Präsident Pleister: "Abschied von Placebo-Prognosen" / Fundamentalkorrektur erforderlich
Geldpolitik angemessen

Berlin (ots)

Einen Abschied vom "Prinzip Hoffnung" und von "Placebo-Prognosen"
forderte Dr. Christopher Pleister, Präsident des Bundesverbandes der
Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), anlässlich des
Verbandstages im ICC Berlin. In den kommenden Monaten sei mit einer
Verstärkung der konjunkturellen Dynamik nicht zu rechnen. Das
Wachstum werde in diesem Jahr noch hinter dem des Vorjahres
zurückbleiben. Für 2002 sei nur noch ein Wachstum des realen
Bruttoinlandsprodukts von knapp einem halbem Prozent zu erwarten, da
die Inlandsnachfrage nicht in Schwung komme. Die Erwartung einer
spürbaren Zunahme des privaten Verbrauchs und der Investitionen habe
sich nicht erfüllt. Der positive Wachstumsimpuls des Außenbeitrags
beruhe nicht auf einer Exportstärke, sondern auf einer
Importschwäche. Die Aufschwungeuphorie, die im Frühjahr in vielen
Unternehmen geherrscht habe, sei inzwischen erloschen. "Wir sind
unleugbar auf dem Boden der Tatsachen angekom-men", so Pleister.
Durch die Eintrübung der konjunkturellen Entwicklung in den USA
und damit der Weltwirtschaft würden die positiven Impulse von außen
stark zurückgehen. Der Irak-Konflikt treibe den Ölpreis in die Höhe
und gefährde das ohnehin nur schwache Wachstum. Die Schwäche des
Dollars verschlechtere die Position der deutschen Exportunternehmen.
Verantwortlich für die lahmende Konjunktur seien aktuell
beträchtliche weltwirtschaftliche Risiken, die Hauptprobleme seien
jedoch hausgemacht.
"Das Ausbleiben des erwarteten Aufschwungs verschärft die
binnenwirtschaftlichen Probleme drastisch", warnte Christopher
Pleister. Die anhaltende konjunkturelle Schwächephase lenke den Blick
auf die wesentlichen Problemfelder und verdeutliche den dringenden
Handlungsbedarf. Die Steuereinnahmen brächen weg, die
Haushaltsdefizite stiegen massiv an und die Defizitquote von 3
Prozent werde in diesem Jahr überschritten. Die Beiträge für die
sozialen Sicherungssysteme drohten im nächsten Jahr die
42-Prozent-Marke zu übersteigen.
Die Politik könne angesichts der Wachstumsschwäche nicht zur
Tagesordnung übergehen, sondern müsse sich der Wirklichkeit stellen.
"Die Zeit des Aussitzens und der ruhi-gen Hand ist vorbei, es ist
Zeit für eine Fundamentalkorrektur", forderte Christopher Pleister,
"die dringend notwendigen Reformen der sozialen Sicherungssysteme und
des Arbeitsmarktes dulden keinen Aufschub mehr. Ziel muss es sein,
durch den Abbau von Fehlanreizen Innovationskraft und
Leistungsbereitschaft frei zu setzen und so die Wachstumsdynamik
nachhaltig zu erhöhen".
Jobmaschine Mittelstand wieder in Gang setzen
Für den Abbau der Arbeitslosigkeit und der Haushaltsdefizite sei
dringend Wachs-tumsdynamik aus eigener Kraft erforderlich. Auch ein
weiteres Ansteigen der Sozial-versicherungsbeiträge könne nur durch
ein größeres Wachstumstempo verhindert werden. Im Gesundheitswesen
und auf dem Arbeitsmarkt seien zusätzlich noch wei-tergehende,
zukunftsweisende Reformen unverzichtbar. Die Vorschläge der
Hartz-Kommission allein reichen nicht aus, um auf dem Arbeitsmarkt
sichtbare Erfolge zu erzielen. Eine Verbesserung der
Arbeitsvermittlung sei lediglich geeignet die Beschäftigungspolitik
effizienter zu gestalten.
Damit durch höheres Wachstum neue Beschäftigung entstehe, sei eine
Deregulierung und Entbürokratisierung des Arbeitsmarktes unabdingbar.
Eine Belebung des Niedrig-lohnsektors sei ebenso notwendig wie eine
beschäftigungsfördernde Reform des Kündigungsschutzes, der
Zeitarbeit, der befristeten Beschäftigungsverhältnisse und eine
mittelstandsgerechte Korrektur des Betriebsverfassungsgesetzes. Nur
konse-quente Reformen, die das Übel der steigenden und zu hohen
Personalzusatzkosten in Angriff nähmen, seien geeignet, die
Jobmaschine Mittelstand wieder in Gang zu setzen und damit die hohe
Arbeitslosigkeit abzubauen.
EZB soll Leitzinsen unverändert lassen
Den Kurs der Geldpolitik bezeichnete Christopher Pleister als
angemessen. Bis auf weiteres könne die Europäische Zentralbank (EZB)
die Leitzinsen unverändert lassen. Zwar sei in den vergangenen Wochen
die Erwartung eines breit getragenen Aufschwungs in Europa und den
USA von der Angst vor einer anhaltenden Wachstumsschwäche abgelöst
worden. Die Wirtschaft im Euroraum werde bis zum Jahresende nicht -
wie noch im Frühsommer erwartet - das Potenzialwachstum erreichen. Im
Jahresdurch-schnitt werde lediglich ein mageres Wachstum in Höhe von
weniger als einem Prozent erreicht.
Eine Senkung der Leitzinsen durch die EZB sei dennoch derzeit
nicht angebracht. "Die Entwicklung einer konjunkturellen Dynamik wird
von der monetären Seite nicht behindert. Das kräftige
Geldmengenwachstum zeigt eine ausreichende Versorgung der Wirtschaft
mit Liquidität an", so Pleister. Seit mehr als einem Jahr werde der
EZB-Referenzwert für das Geldmengenwachstum kräftig überschritten.
Sollte der Aufschwung an Fahrt gewinnen, stünden der privaten
Wirtschaft aufgrund der leicht expansiven Ausrichtung der Geldpolitik
somit ausreichend Finanzmittel zur Verfügung. Ein langfristiger
Kapitalmarktzins von rund 4,5 % im Euroraum signalisiere, dass die
Investitionsschwäche nicht durch zu hohe Finanzierungskosten
verursacht sei.
Auch vor dem Hintergrund ihres vorrangigen Ziels, Preisstabilität
zu gewährleisten, sei eine Zinssenkung der EZB nicht angezeigt. Die
Inflationsrate werde in den letzten drei Monaten des Jahres um die
2-Prozent-Marke schwanken, im Jahresdurchschnitt sogar - zum dritten
Mal in Folge - leicht darüber liegen. In den letzten Monaten sei eine
entlastende Wirkung von der Stärkung des Euro gegenüber dem US-Dollar
ausgegan-gen. Allerdings werde die Entlastung bei der
Importpreisentwicklung vor dem Hintergrund des Irak-Konflikts durch
steigende Ölpreise konterkariert. Gegen eine Abschwächung der
Inflationsrisiken würden auch die steigenden Arbeitskosten und die
weiterhin hohe Kernrate der Inflation sprechen. Nur wenn sich die
Konjunkturaussichten nochmals spürbar eintrüben sollten, wäre die
geldpolitische Lage erneut zu überdenken.

Kontakt:

Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)
Dr. Rolf Kiefer
Presse/Kommunikation
Schellingstraße 4
10785 Berlin
Tel.: 030/20 21-1300

E-Mail: Pressestelle@bvr.de
www.bvr.de

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