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Rheinische Post: Kommentar
Gegen den Krieg der Zivilisationen = Von Matthias Beermann

Düsseldorf (ots)

Für Frankreich ging es gestern darum, drei Terroristen unschädlich zu machen. Ab heute geht es darum, jenen Krieg der Zivilisationen zu vermeiden, den die Extremisten an den Rändern der Gesellschaft heraufbeschwören wollen. Wie nahe sich diese Brandstifter ihrem Ziel wähnen dürfen, zeigen nicht nur die Racheakte, die das Massaker von Paris provoziert hat: Schmierereien an Moscheen, eingeworfene Scheiben, verprügelte Muslime. Die Malaise sitzt tiefer. Die republikanische Gebetsformel von der "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", dieser Gencode des französischen Gesellschaftsvertrags, sie klang zuletzt sehr hohl. Immer unübersehbarer wurden die Risse in der französischen Gesellschaft, die sich nicht mehr nur entlang sozialer, sondern auch kultureller und ethnischer Grenzen auftaten. Aber die Politiker, ganz besonders auf der Linken, leugneten lange, was im republikanischen Selbstverständnis nicht sein durfte. Und die Menschen schauten weg, entweder aus falsch verstandener politischer Korrektheit oder aber aus Gleichgültigkeit. So löste antijüdische Hetze aus der muslimischen Ecke, zuletzt auch mehrfach Gewaltakte gegen jüdische Mitbürger nicht den Aufschrei aus, den sie eigentlich verdient hätten. Das ist ein Klima, in dem die Radikalen irgendwann die Richtung des Handelns diktieren. Wenn sich dies nicht ändert, droht die französische Gesellschaft auseinanderzubrechen. Zwar wird nun der Schulterschluss zwischen allen Bürgern beschworen, gleich welcher Herkunft und Konfession. Aber Appelle allein reichen nicht. Wenn die Franzosen ihre Werte bewahren wollen, müssen sie die Augen aufmachen und handeln. Frankreichs Muslime haben ja vollkommen recht, wenn sie sagen, dass man sie nicht für die perversen Terroristen verantwortlich machen darf, die im Namen ihrer Religion morden. Trotzdem müssen die Imame jetzt mehr Verantwortung übernehmen, um das Abgleiten junger Menschen in den Fanatismus zu verhindern. Denn wer wird irgendwann noch auf jene Besonnenen hören, die betonen, dass die Mörder im Namen Allahs nicht das wahre Gesicht des Islam darstellen, wenn deren Worte ständig von den Schreien der Terror-Opfer übertönt werden? Killer, die eine Blutspur im Namen des Islam ziehen, arbeiten so Hand in Hand mit jenen, die die "Islamisierung des Abendlands" heraufbeschwören. Beide locken mit scheinbaren Gewissheiten in einer sich rasant wandelnden Welt. Das wiederum ist kein rein französisches Phänomen. Auch wir Deutschen sollten uns klarmachen, was auf dem Spiel steht, wenn wir diese Zerreißprobe nicht bestehen.

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