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Börsen-Zeitung: Fahrplan zur Zinsreise erbeten, Kommentar von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Das Amen in der Kirche ist nicht sicherer. Wenn
am Donnerstag der Rat der europäischen Zentralbank zusammenkommt,
wird er den für den Euroraum maßgeblichen Leitzins auf 2,5% hieven.
So viel steht fest. Die offene Frage wird sein, wohin die
zinspolitische Reise im Rest des Jahres führen wird.
Bislang geizte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mit
Informationen, die über das „Wir werden handeln, wenn es nötig ist;
sind aber auf nichts im Vorhinein festgelegt“ hinausgingen. Das ist
wenig konkret und gibt kaum Orientierung. Und das ist schade.
Unter der Vielzahl der Faktoren, die die EZB beobachtet, spielt
die Konjunktur im Moment die größte Rolle. Und derzeit schnurrt die
europäische Konjunktur. Die nationalen Indikatoren verheißen, dass
der Aufschwung an Breite und Tiefe gewinnt. Frankreich, Belgien und
die Niederlande sendeten in der vergangenen Woche positive Signal
aus. Und selbst der kranke Mann Europas, Deutschland, ist auf dem
Wege der Genesung und fühlt sich putzmunter. So schoss der Ifo-Index
durch die Decke. Die Aussichten sind bestens, dass endlich der Funke
auch auf den privaten Verbrauch überspringt. Wenn dieses Szenario
trägt, sollte der Leitzins schrittweise auf ein neutrales Niveau von
etwa 3% angehoben werden. Die geldpolitische Stimulanz eines
niedrigeren Zinsniveaus wäre dann unnötig.
Allerdings gibt es durchaus Risiken für einen Rückschlag. Nicht
wenige Experten rechnen damit, dass die amerikanische Konjunktur in
der zweiten Jahreshälfte abkühlt. Sollte der private Verbrauch im
Euroraum bis dahin nicht in die Gänge gekommen sein, wird der hiesige
Aufschwung gedämpft. Auch der hohe Ölpreis birgt Gefahren. Aber die
Wahrscheinlichkeit des konjunkturellen Einbruchs sinkt mit jedem
neuen Indikator.
Natürlich muss sich eine Zentralbank Flexibilität bewahren. Wenn
die realwirtschaftliche Entwicklung anders verläuft als erwartet, ist
auch der geldpolitische Kurs anzupassen. Zu frisch ist noch die
Erinnerung an das Jahr 2004, in dem man den Aufschwung vermutet
hatte, der dann doch ausblieb. Gleichwohl kann sie ihr Weltbild der
Öffentlichkeit gegenüber transparent machen und auch die
Unwägbarkeiten explizit kommunizieren. Am Donnerstag, wenn auch die
Inflationsprojektionen der EZB-Volkswirte veröffentlicht werden, wäre
ein idealer Zeitpunkt hierfür.

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