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Börsen-Zeitung: Zuschlag für den Marrakesch, Kommentar von Gottfried Mehner zur Entscheidung bei Volkswagen, den kleinen Geländewagen Marrakesch in Wolfsburg zu bauen

Frankfurt (ots)

VW wird den kleinen Offroader „Marrakesch“ am
Stammsitz Wolfsburg bauen. Diese Standortentscheidung war als
wegweisend für die künftigen Produktions- und Arbeitsbedingungen am
Standort Deutschland hochstilisiert worden. Der Nachweis sollte
erbracht werden, dass trotz der hohen Kostenbasis Wachstumsmärkte
selbst aus deutschen Werken heraus profitabel bedient werden können.
Wolfsburg trat gegen den portugiesischen Standort Palmela an. Dort
rollen die Fahrzeuge um 1000 Euro je Stück billiger vom Band.
Abzüglich der Transportkosten hatte Volkswagen das zu schließende
Kostendelta mit 750 Euro je Fahrzeug genannt. Wolfsburg erhielt den
Zuschlag. Also kommen dort endlich die zementierten Strukturen in
Bewegung?
Leider nicht: Es ist kein glorioser Sieg des Riesenwerkes
Wolfsburg. Die Belegschaft hat keinen Millimeter von ihren
Besitzständen aufgegeben, obwohl die Unterauslastung mit unter 70%
immer kritischer wird. Wolfsburg bewegt sich nicht. Das neue Modell
wird von der Tochter „Auto 5000 GmbH“ gebaut, die nach dem im Jahr
2001 verabredeten „5000 mal 5000-Modell“ entlohnt. Rund 3500
ehemalige Arbeitslose waren damals wieder in Brot und Arbeit gekommen
und bauen den Mini-Van Touareg. Gearbeitet werden wöchentlich nicht
wie im alten Haustarifvertrag 28,8 Stunden, sondern 35 Stunden. Und
bezahlt wird auch nicht nur nach der zeitlichen Anwesenheit am
Arbeitsplatz, sondern nach einem vereinbarten Output. Wird dieser
verfehlt, muss auf eigene Kosten nachgearbeitet werden.
Rund 1000 Auszubildende der Mutter werden zu diesen niedrigeren
Konditionen von der Tochter übernommen, abgefedert allerdings durch
eine Wiedereinstellungszusage der VW AG. Damit wird die
Kräfteverteilung dort erneut deutlich – und gleichzeitig, welch
mühseliges Unterfangen das Herauswachsen aus dem strangulierenden
Haustarifvertrag wird, der in den Konditionen um rund 10% über den
Wettbewerbern liegt.
Neueinstellungen dürften bei VW künftig nur noch zu den
niedrigeren Konditionen der 5000 GmbH erfolgen. Der Mittelbau bleibt
bis 2011 durch alte Vereinbarungen geschützt. Der notwendige
Personalabbau ist insofern nur bei den Älteren über üppige
Abfindungen zu regeln. Die Finanzmasse dafür könnte auch aus der
Abgabe der eigenen Aktien an Porsche stammen.
(Börsen-Zeitung, 28.9.2005)

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