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Börsen-Zeitung: Krise, welche Krise? – Kommentar von Walther Becker zum Abschluss der Halbjahresberichtssaison

Frankfurt (ots)

Sicher, die deutsche Wirtschaft tritt auf der
Stelle. Trotz stärkerer heimischer Nachfrage verharrte die reale
Leistung im zweiten Quartal auf dem Niveau der ersten drei Monate.
Der Außenhandel bleibt zwar dynamisch, doch wegen des starken
Importanstiegs wird das Wachstum der Nachfrage vollständig
kompensiert. Daraus aber auf eine konjunkturelle Erholung im zweiten
Halbjahr zu schließen, wie es der Bundeswirtschaftsminister tut, ist
ebenso daneben, wie die Daten als Beleg für das Scheitern der
Regierung zu werten, wie die Opposition auf den Putz haut.
Die Berichtssaison ist zu Ende, Nachzügler ThyssenKrupp kommt
heute. Es zeigt sich: Der Dax verabschiedet Rot-Grün mit einer
Verbeugung. Die Gewinne klettern, die Kassen sind voll, die
Steuerlast ist kaum ein Thema. Die Lohnzurückhaltung zahlt sich
derart aus, dass ein Ölpreis von 60 Dollar und ein Dollar über 1,20
Euro weggesteckt werden. Die Investoren, die bekanntlich die Zukunft
handeln, sind in Champagner-Laune – logisch, dass Gewinne mitgenommen
werden, wenn das Kursbarometer an der 5000er-Marke kratzt.
Die Konzerne machen Fortschritte in Ertragskraft und Strategie.
Klar, da gibt es erneut Nachreservierungen in den USA, die bei der
Münchener Rück ins Kontor schlagen. BMW hat sich ungünstig gegen
Währungsrisiken abgesichert. Bei Metro hat der Lebensmittelhandel
einen schalen Beigeschmack. Doch von den Blue Chips meldete neben der
von Führungsquerelen und der Halbleiter-Krise gebeutelten Infineon
lediglich Siemens Probleme in einer Dimension, die eine Rücknahme der
Ergebnisprognose erfordern. Indes: Hier ist mit Klaus Kleinfeld ein
neuer Herr im Hause, der erst alles auskehren möchte, um später umso
besser dazustehen. 18 Dax-Adressen übertrafen die Erwartungen, wenige
wiesen „Schönheitsfehler“ aus, die übrigen landeten beim
Marktkonsens.
Kaum je in einer Halbjahressaison sind Routineberichte derart mit
M&A-Neuigkeiten und tiefgreifenden Änderungen gepaart gewesen wie
diesmal: Adidas erwirbt für 3 Mrd. Dollar den US-Konkurrenten Reebok,
Altana kündigt die eigene Zerlegung an, und DaimlerChrysler
profitiert vom bevorstehenden Rücktritt von Jürgen Schrempp. So macht
der Dax Fortschritte bei den vielfach zitierten „Strukturreformen“.
Und da will die Opposition das Land aus der „Krise“ führen – welcher
Krise?
(Börsen-Zeitung, 12.8.2005)

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