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Börsen-Zeitung: Kommentar zu den Stabilitätspakt-Reformplänen der EU-Kommission von Christof Roche: Die Pakt-Debatte ist eröffnet

Frankfurt (ots)

Die Debatte über die Reform des europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspakts ist eröffnet. Nach fünf Jahren
Währungsunion ist es auch an der Zeit, die Erfahrungen auszuwerten,
um nach effizienteren Wegen für mehr Haushaltsdisziplin in Euroland
zu suchen. Die Kommission hat dabei die richtige Richtung
eingeschlagen: Eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik und
eine präventive Stabilitätspolitik sollen die Konsolidierung über den
gesamten Zyklus hinweg sichern, um damit Raum für
Haushaltsflexibilität in schlechten Zeiten zu schaffen.
Es gibt gute ökonomische und politische Argumente, sich die
Stellschrauben des Pakts näher anzusehen. Was etwa ist mit den
künftigen Belastungen aus Rente und Gesundheit, die in manchem Euro-
Staat noch gar nicht im Schuldenstand erfasst sind? Wie steht es um
die Schuldendynamik, was Sparauflagen und Abbaurhythmen angeht? Oder
was ist mit der Wachstumsschwäche? Ist die heutige Härtefallklausel,
die eine befristete Verletzung des Pakts nur bei schwerer Rezession
erlaubt, nicht zu restriktiv? Sollte sie nicht auch bei mehrjähriger
Stagnation greifen? Ebenso legitim ist es, die Fristen zur Korrektur
übermäßiger Haushaltsdefizite im Lichte von Wachstum, Tragfähigkeit
der Finanzen und Schuldenquote auf den Prüfstand zu stellen.
Allerdings: Wenn die Debatte schon einmal gestartet ist, dann
sollte sie nicht auf diese und einige weitere Elemente, wie sie
Brüssel vorgibt, verengt werden. Dann gehören auch andere Punkte auf
die Agenda, wie etwa die Verschärfung der politischen
Abstimmungsprozeduren, so dass Sünder nicht mehr über Sünder
entscheiden können. Oder es müsste über „Prämien“ (Entlastungen aus
dem EU-Haushalt) für solche Staaten debattiert werden, die eine
solide Finanzpolitik fahren. Und warum nicht, was vor allem für
Deutschland wichtig wäre, die Reform des Stabilitätspaktes an
wirksame „nationale Stabilitätspakte“ koppeln? Denn für die Prügel,
die Berlin in den letzten Jahren aus Brüssel bezogen hat, sind
deutsche Länder und Kommunen mindestens genauso verantwortlich.
Die Debatte über den Pakt ist eröffnet, und sie ist berechtigt.
Aber es droht die Gefahr, dass sie allein dazu inszeniert ist, die
Defizitsünder Berlin und Paris mit Minimalauflagen zu besänftigen.
Sollte sich dies tatsächlich als Motivation der Debatte
herausstellen, dann sollte Euroland lieber alles beim Alten belassen.
Denn die Konsequenz kann nicht sein, den Pakt weich zu spülen, bloß
weil man an Spree und Seine nicht sparen will. Es darf nicht
vergessen werden: Der Pakt, auch wenn er nicht optimal ist,
scheiterte nicht an fehlender Flexibilität, sondern an der
Missachtung des Regelwerks durch diese beiden Regierungen.
(Börsen-Zeitung, 4.9.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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