Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Mehr als ein Dominoeffekt, Kommentar zu SAP von Sebastian Schmid

Frankfurt (ots)

Nun also auch SAP. Nachdem praktisch alle großen amerikanischen Tech-Konzerne in den vergangenen Wochen umfangreiche Stellenstreichungen angekündigt haben, hat der Dominoeffekt auch Europas größten Softwarehersteller erreicht. Mit Vorlage der vorläufigen Zahlen für das vierte Quartal 2022 ist auch in Walldorf eine Restrukturierung angekündigt worden. Anders als Amazon, Microsoft, Meta oder Cloud-Konkurrent Salesforce greift SAP allerdings nicht zur Sense, sondern zum Skalpell. Während das breit angelegte Sparprogramm 2019 noch auf großzügige Vorruhestandsregelungen aufsetzte, mit denen ältere Mitarbeiter zu einem frühen Abschied bewegt wurden, sollen die insgesamt 3 000 Stellen nun gezielt in einigen wenigen Geschäftsbereichen abgebaut werden. Ziel der Operation sei es, SAP stärker auf Kerngeschäftsfelder zu fokussieren, in denen das Unternehmen auf noch stärkeres Wachstum hofft.

Dabei steht vor allem das Geschäft mit Software zum Management von Kundenbeziehungen (CRM) im Fokus, in dem SAP größeren Anpassungsbedarf ausmacht. Der Bereich, in dem Salesforce seit Jahren der dominante Anbieter im Markt ist, wurde schon von Kleins Vorgänger Bill McDermott immer wieder neu aufgestellt. Dass hier erneut ein anderer Ansatz verfolgt werden soll, zeugt davon, dass auch der jüngste Versuch nicht gefruchtet hat - zumindest nicht in der Breite. SAP will sich hier auf weniger Branchen fokussieren. Dazu passt, dass ein Verkauf der Beteiligung an dem Customer-Experience-Spezialisten Qualtrics geprüft wird, der selbst auf Wachstum in der Breite zielt.

Klein betont zwar, dass die Zusammenarbeit mit dem US-Start-up auch über einen möglichen Verkauf hinaus in unveränderter Form fortgesetzt werde. Aber die angekündigte "Trennung ohne Auswirkungen auf die Zusammenarbeit" führt unweigerlich zu der Frage, welche strategischen Vorteile aus dem seinerzeit 8 Mrd. Dollar teuren Deal dann überhaupt gezogen werden konnten.

Die Hoffnung, dass die Cus­tomer-Experience-Plattform von Qualtrics in einem Dominoeffekt auch das CRM-Geschäft von SAP in Gang bringen würde, wie es McDermott vorschwebte, hat sich so jedenfalls nicht erfüllt. Schon früh wurde von der Möglichkeit einer tiefen Integration abgesehen, um Qualtrics mehr Eigenständigkeit zu gewähren. Mit dem Börsengang wurde diese vor gut zwei Jahren noch einmal ausgebaut. Ein Verkauf würde Qualtrics endgültig abnabeln. Zumindest finanziell dürfte sich der Deal für SAP gelohnt haben. Auf eine Transaktion, die keinen deutlich positiven Ergebnisbeitrag liefert, würde SAP sich auch nicht einlassen, versichert CFO Luka Mucic.

Einen Abschluss dürfte erleichtern, dass die Qualtrics-Aktie nach starken Zahlen am Donnerstag kräftig zugelegt hat. Die Bewertung des US-Konzerns ist quasi über Nacht um knapp 2 Mrd. Dollar gestiegen. Die Restrukturierung im CRM-Bereich und ein möglicher Verkauf der Qualtrics-Beteiligung passen daher zeitlich, inhaltlich und finanziell zusammen. Der von Qualtrics erhoffte Dominoeffekt ist ohnehin längst an anderer Stelle zu beobachten. Das Kernprodukt S/4Hana ist auch im Schlussquartal wieder um gut 90 % gewachsen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069-2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 25.01.2023 – 20:26

    Keine Panzer in grüne Fonds, Kommentar zur Rüstungsindustrie von Jan Schrader

    Frankfurt (ots) - Die Börse ist nicht zimperlich. Wenn sich Waffengeschäfte lohnen, zeigen die Kurse der Rüstungsbranche aufwärts. Das lässt sich seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine rund um die Welt beobachten - und es zeigt sich auch jetzt. Kaum sickerte durch, dass Berlin Kampfpanzer des Typs Leopard 2 liefert und verbündeten Staaten grünes ...

  • 24.01.2023 – 20:30

    Zeit für eine Einigung, Kommentar zum Prämiensparen von Jan Schrader

    Frankfurt (ots) - Was hätten Sparkasse und Kunde wohl in früheren Jahren zur Zinsanpassung in Prämiensparverträgen vertraglich festgehalten, hätten sie gewusst, dass die damals üblichen Klauseln unzulässig sind? Was nach "Treu und Glauben" geboten gewesen wäre, lässt sich schwer sagen, der Streit über die Zinsen tobt daher quälend lange. Fest steht immerhin, ...

  • 23.01.2023 – 20:30

    Anlagegenies im Härtetest, Kommentar zu den Hedgefonds von Andreas Hippin

    Frankfurt (ots) - Egal ob Bill Ackman, Chase Coleman oder Christopher Hohn - das vergangene Jahr ist für eine ganze Reihe von bekannten Hedgefondsmanagern nicht gut gelaufen. Für die vermeintlichen Anlagegenies, die mit ihren Vehikeln versuchen, eine höhere Rendite als im Marktdurchschnitt zu erwirtschaften, war das vergangene Jahr ein Härtetest sondergleichen. ...