Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Verstaatlichter Gasriese, Kommentar zu Uniper von Christoph Ruhkamp

Frankfurt (ots)

In der ursprünglich geplanten Form wird die Gasumlage nicht mehr kommen, vielleicht kommt sie gar nicht mehr. Das ist auch gut so. Ein zusätzlicher Grund dafür, dass der Sinn des Umverteilungsinstruments verloren geht, ist die jetzt im Eiltempo durchgezogene Verstaatlichung des Gasversorgers Uniper.

Die Umlage von rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde sollte von Oktober an berechnet und von allen Gaskunden bezahlt werden. Damit sollen die Extrakosten von Importeuren ausgeglichen werden, die diese wegen des Ausfalls russischer Lieferungen haben. Diese Importeure müssen sich teuer und kurzfristig Ersatz an den Märkten beschaffen, um die Versorgung in Deutschland aufrechtzuerhalten. Insgesamt sollten davon zunächst zwölf Firmen profitieren. Drei davon sind der kriselnde Energiekonzern Uniper, der jetzt verstaatlicht wird, sowie der Leipziger Gashändler VNG, eine Tochter des Energiekonzerns EnBW, und die ehemalige Tochter des staatlichen russischen Gaskonzerns Gazprom namens Sefe, die bereits unter Treuhand der Bundesnetzagentur auf Basis des Energiesicherheitsgesetzes steht. Alle drei Unternehmen stehen kurz vor der Verstaatlichung, weil sie aufgrund ausbleibender russischer Gaslieferungen oder aufgrund der westlichen Sanktionen, die Geschäftspartner abschreckten, vor der Insolvenz standen und als systemrelevant für den deutschen Energiemarkt gelten.

Von den übrigen neun Unternehmen, die ebenfalls Ansprüche auf die Gasumlage angemeldet hatten, die sich auf bis zu 34 Mrd. Euro hätten summieren können, arbeiten aber mehrere hochprofitabel - teilweise auch deswegen, weil die hohen Gaspreise zu ebenfalls steigenden Strompreisen führen. Zu diesen Unternehmen zählen der regionale Oldenburger Energieversorger EWE, an dem der Finanzinvestor Ardian aus Frankreich beteiligt ist, sowie die Deutschland-Tochter des österreichischen Energiekonzerns OMV und der Schweizer Energiekonzern Axpo.

Daran, dass auch solche Unternehmen, die bereits von den steigenden Energiepreisen profitieren, zusätzlich mit der Gasumlage gestützt würden, hatte es von Anfang an zu Recht heftige Kritik gegeben. Schließlich kann die Umlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunde einen größeren Haushalt mit fast 500 Euro im Jahr belasten. Ein Teil dieser Summe wäre in die Kassen reicher Unternehmen geflossen. Der größte Teil der Gasumlage wäre aber an Uniper, VNG und Sefe gegangen - ebenjene drei Unternehmen, die jetzt offenbar ohnehin gestützt und verstaatlicht werden. Das ist ein Grund dafür, warum die Gasumlage jetzt weniger dringlich und vielleicht sogar gänzlich überflüssig wird. Ganz abgesehen davon, ob es rechtlich zulässig wäre, dass die Bundesregierung eine Gasumlage einführt, die an dem Bund gehörende Unternehmen verteilt wird.

Um einen Zusammenbruch des Energiesektors abzuwenden, plant die Bundesregierung nun eine Finanzspritze von etwa 8 Mrd. Euro für Uniper als Teil einer historischen Vereinbarung zur Verstaatlichung des Gasriesen. Eine vorläufige Einigung zwischen der Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz, Uniper und dem Hauptaktionär, der finnischen Fortum, über 78 Prozent der Anteile wurde erzielt. Damit dürfte auch die Gasumlage entbehrlich werden.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 19.09.2022 – 20:30

    Im Sinne der Familie, Kommentar zum Börsengang von Porsche von Carsten Steevens

    Frankfurt (ots) - Zu groß, um zu scheitern, waren in den Finanz- und Schuldenkrisen vergangener Jahre Banken und Staaten in Europa. Zu groß und zu wichtig, um zurückzuziehen, erscheint trotz des Kriegs in der Ukraine, hoher Inflation, Energiekrise und Rezessionsängsten der nun am 29. September geplante Börsengang von Porsche. Ein erfolgreiches IPO des ...

  • 14.09.2022 – 19:51

    Too big to fail, Kommentar zu Uniper von Lutz Knappmann

    Frankfurt (ots) - Wie dramatisch die Entwicklungen im europäischen Energiemarkt derzeit auseinanderdriften, belegen allein die Schlagzeilen vom Mittwochmittag: Da kündigt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Gesetz an, um übermäßige Gewinne von Energieunternehmen, die seit Monaten von den massiven Preissteigerungen profitieren, abzuschöpfen und umzuverteilen. Nahezu zeitgleich bestätigt Deutschlands ...