Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Keine Wollmilchsau, Kommentar zum digitalen Euro von Mark Schrörs

Frankfurt (ots)

Es entbehrt mitunter nicht ei­ner gewissen Komik, wie sich EZB-Granden in Sachen digitaler Euro immer wieder winden und bemüßigt fühlen zu betonen, dass es noch keine Entscheidung für die Einführung gebe, dass bislang doch alles nur ein Erforschen und Erproben sei. Formal stimmt das natürlich. Aber de facto scheint die Entscheidung längst gefallen. Zu groß ist der Druck der EU-Politik, zu klar auch die Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde & Co. Trotz aller Verbalverrenkungen seitens der EZB - der digitale Euro wird kommen.

Laut EZB könnte der Bürger den Digital-Euro bereits in fünf Jahren in seiner E-Wallet haben. Dieser Zeitplan erscheint aktuell aber arg ambitioniert. Das zeigt auch das Beispiel Schweden: Die Riksbank als Europas Pionier beim digitalen Zentralbankgeld kommt bei der E-Krona nicht so schnell voran wie gedacht. Verzögerungen sind aber auch kein Drama. Zwar spricht ohne Frage vieles für digitales Zentralbankgeld und den digitalen Euro: Nicht zuletzt geht es darum, auch perspektivisch den Zugang zu Zentralbankgeld zu sichern und den Einfluss fremder, mehr aber noch privater Digitalwährungen zu verhindern. Mindestens genauso sicher ist aber, dass es richtig gemacht werden muss. Sorgfalt geht vor Schnelligkeit.

Denn so verlockend das generelle Projekt ist, so diffizil sind die technischen Details und praktischen Fragen: Eine große Frage ist etwa, ob der Digital-Eu­ro auf einer dezentralen Blockchain-Technologie basieren sollte - was die Einsatzoptionen etwa in der Industrie 4.0 erhöhen, aber zugleich die Kontrollmöglichkeiten der EZB schmälern würde. Alles andere als eine Kleinigkeit ist auch die Frage, wie sich Anonymität und Offline-Nutzung als Kernelemente von Bargeld replizieren lassen. Überhaupt ist da die Frage nach dem Datenschutz - der Europas Bürgern am wichtigsten ist. Und die EZB muss sicherstellen, dass sie nicht dem Bankensektor den Garaus macht. Das wäre für die Finanzstabilität wie für die Geldpolitik ein Riesenproblem.

Zugleich muss sich die EZB bei allem aktuellen Hype um das Thema tunlichst davor hüten, überzogene Erwartungen zu schüren - bei den Bürgern und Unternehmen wie bei der Politik: Der digitale Euro wird nicht den Wunsch vieler Bürger nach einem absolut sicheren Notenbankkonto statt des gemeinen Bankkontos erfüllen. Er ist auch kein Allheilmittel für die nötige Digitalisierung der Euro-Wirtschaft und den verbreiteten Innovationsmangel bei Europas Banken. Und er kann auch nicht allein die wirtschaftliche Souveränität Europas sichern. Bei allen Vorteilen - der digitale Euro ist keine eierlegende Wollmilchsau.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 13.07.2021 – 19:30

    Neobroker im Visier, Kommentar von Björn Godenrath zur Regulierung durch die ESMA

    Frankfurt (ots) - Es kam nicht von ungefähr, dass der US-Neobroker Robinhood Ende Juni einer Strafzahlung von 70 Mill. Dollar zustimmte. Das Start-up will an die Börse, dafür müssen Rechtsstreitigkeiten mit der Börsenaufsicht SEC vom Tisch. Verdonnert wurde das Unternehmen vor allem dafür, dass es Privatanleger gezielt in den Kauf von Hebelprodukten getrieben ...

  • 12.07.2021 – 19:34

    Optimierungspotenzial, Kommentar von Mark Schrörs zur EZB

    Frankfurt (ots) - Die neue langfristige geldpolitische Strategie der Europäischen Zentralbank (EZB) zeitigt wohl schneller Folgen für den kurz- und mittelfristigen geldpolitischen Kurs als vielfach gedacht. EZB-Präsidentin Christine Lagarde jedenfalls hat jetzt schon für die Sitzung des EZB-Rats am 22. Juli Änderungen an der Forward Guidance avisiert - also am Ausblick für die Entwicklung der Leitzinsen und der ...

  • 08.07.2021 – 19:54

    Vor der Bewährung, Kommentar von Mark Schrörs zur EZB-Strategie

    Frankfurt (ots) - Am Ende ging alles sehr schnell. Zwar hatte sich zuletzt abgezeichnet, dass der EZB-Rat seine erste Strategieüberprüfung nach fast 20 Jahren schneller abschließen könnte als lange avisiert - nämlich erst Ende des Sommers oder im Herbst. Für viele Beobachter aber kam es dann doch überraschend, wie zügig die Notenbanker Fakten schufen. Bei selbigen bleibt dafür die große Überraschung aus: ein ...