Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung: Geldpolitische Despotie, Kommentar zur EZB von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Liebe Leserinnen und Leser, halten Sie sich in nächster Zeit im Freien auf, es könnte sich lohnen! Gut möglich, dass ein Hubschrauber über Sie hinwegfliegt, in dem EZB-Präsident Mario Draghi am Steuerknüppel sitzt und "ein sehr interessantes Konzept" realisiert. Ja, Sie trauen Ihren Augen nicht, aber es regnet tatsächlich Banknoten, kleine und große, sogar jede Menge 500-Euro-Scheine - wie gut, dass man die in weiser Voraussicht noch nicht abgeschafft hat. Ist doch gerade der große Lilafarbene prima als Helikoptergeld geeignet.

Befinden wir uns noch in der Realität oder schon in der Satire? Vermutlich ist es wie vieles, womit uns die EZB seit Jahren beglückt, real existierender Surrealismus. Ganz im Ernst müssen wir konzedieren, die sogenannten Hüter des Euro unterschätzt zu haben. Schon häufig hatten wir glauben wollen, die europäische "Zentralbankverwaltungswirtschaft", wie sie der Metzler-Bankier Michael Klaus bereits 2014 nannte, habe ihr ultimatives Stadium erreicht. Weit gefehlt! Draghi & Co. fällt immer noch ein Komparativ des Superlativs ein. Und sei es eine Steigerung ins Irrwitzige.

Dabei kennt die EZB auf ihrer unermüdlichen Jagd nach dem Deflationsgespenst durchaus eine Konstante: den Tabubruch. Diesmal ist es - noch als "sehr interessantes Konzept", in nicht zu ferner Zukunft gewiss als letzter Schrei der unkonventionellen Geldpolitik - das Verschenken von Geld. Ökonomen finden Gefallen an dem Instrument, der frühere US-Notenbankchef Ben Bernanke ("Helicopter Ben") hat damit geliebäugelt, und Helikopter-Mario, da sind wir ziemlich sicher, wird es einsetzen.

Kai Ostermann, der Chef der Deutschen Leasing, hat dieser Tage richtigerweise angemerkt, für solche Ideen wären Studenten früher zwangsexmatrikuliert worden. Wir würden noch etwas weiter gehen: Schon dass über diese nächste Eskalationsstufe der Geldentwertung allen Ernstes diskutiert wird, ist kriminell. Längst ist der Euro wertlos, nämlich in dem Sinn, dass er mit der faktischen Abschaffung des Zinses und von dessen Steuerungsfunktion keinen Preis mehr hat. Schlag nach bei Albert Einstein: Was nichts kostet, ist nichts wert. Inzwischen sind wir nun sogar so weit, dass diejenigen, die Geld in seiner Funktion als Wertaufbewahrungsmittel verwenden, bestraft werden, nicht mehr nur real, sondern oft bereits auch mit nominalen Negativzinsen. Eine Notenbank, die zu allem Überfluss sinnbildlich noch Geld aus dem Helikopter aufs Volk wirft, hütet ihre Währung nicht, sondern verachtet sie und tut ihr Gewalt an. Das ist nicht nur komplett krank. Das ist geldpolitische Despotie.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 23.03.2016 – 20:50

    Börsen-Zeitung: Kein Sündenfall, Kommentar zur Credit Suisse von Daniel Zulauf

    Frankfurt (ots) - In Zeiten des Unglücks schlägt die Stunde der Besserwisser. Das ist in der Wirtschaft nicht anders als in allen anderen Bereichen der Gesellschaft. Credit Suisse steckt zweifellos in einer höchst unglücklichen Lage. Die Bank, welche die dunkelsten Momente der Finanzkrise weit souveräner zu meistern verstand als manche ihrer Mitbewerber, erweckt ...

  • 22.03.2016 – 20:50

    Börsen-Zeitung: Härte und Entschlossenheit, Kommentar zum Terrorismus von Bernd Wittkowski

    Frankfurt (ots) - New York und Washington am 11. September 2001, dann Madrid, London, Moskau, Paris, Tunis, Bangkok, Ankara und Istanbul, jetzt Brüssel - die Aufzählung ist unvollständig und die Serie des Terrors damit sicher nicht zu Ende. Immer spürbarer verdichtet sich das Weltgeschehen zu einem einzigen Kriegsschauplatz. Diesmal zielten die menschenverachtenden ...