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Börsen-Zeitung: Die Zombie-Steuer, Kommentar zu der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Finanztransaktionssteuer, von Dieter Kuckelkorn.

Frankfurt (ots)

Es gibt politische Konzepte, die haben etwas von Zombies. Eigentlich sind sie längst tot. Sie verlassen aber regelmäßig ihr Grab, um die Lebenden heimzusuchen. Eines dieser Konzepte ist die Finanztransaktionssteuer, die nun in Gestalt eines konkreten Vorschlags der EU-Kommission wieder unter uns weilt.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Grundsätzlich lassen sich einer solchen Steuer positive Aspekte abgewinnen. Die EU-Staaten haben die Banken im Rahmen der Finanzkrise mit der astronomisch hohen Summe von 4,6 Bill. Euro gestützt, wobei sich eine neue Runde von Hilfen für Europas angeschlagene Finanzindustrie längst klar abzeichnet. Angesichts dieser Perspektive wäre es durchaus angemessen, wenn die Gesellschaft die Branche in Regress nehmen würde. Und wenn man den Berechnungen der EU-Kommission Glauben schenken kann, wären die Einnahmen mit europaweit 55 Mrd. Euro pro Jahr beträchtlich.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Finanztransaktionssteuer wirklich ein geeignetes Instrument ist, um die Banken zur Kasse zu bitten, und ob mit ihrer Einführung nicht sogar erhebliche negative Effekte verbunden wären. Es ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass Banken und andere institutionelle Investoren auf der Steuer sitzen bleiben - entweder werden sie sich der Steuer durch Flucht an auswärtige Handelsplätze entziehen, oder sie werden die Abgabe schlicht auf ihre Kunden abwälzen. Damit würden wieder einmal andere die Zeche zahlen.

Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt, der sehr viel kritischer ist. Erfahrungen mit der Finanztransaktionssteuer in Schweden haben gezeigt, dass die Handelsvolumina an den besteuerten Finanzmärkten drastisch zurückgehen. Im Klartext heißt dies, dass dem Markt in erheblichem Umfang Liquidität verloren gehen könnte, was insbesondere in Zeiten von Krisen wie der aktuellen zu noch dramatischeren Abstürzen und Spread-Ausweitungen führen würde. Das Beispiel Schweden demonstriert ferner, dass die Schätzungen der Einnahmen meist viel zu hoch ausfallen. In Schweden wurden pro Jahr nur 50 bis 80 Mill. skr statt der erwarteten 1,5 Bill. skr erzielt.

Somit wäre es zweifellos besser, direkt die Gewinne der Banken zu besteuern, was aber angesichts einer enormen Kapitalknappheit der Institute derzeit kaum zu realisieren ist. Zu einer europaweiten Finanztransaktionssteuer wird es aber auch nicht kommen. Dafür wird schon der beharrliche Widerstand Großbritanniens sorgen.

(Börsen-Zeitung, 29.9.2011)

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