Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung: Athen unter Zugzwang, Börsenkommentar "Marktplatz" von Thorsten Kramer

Frankfurt (ots)

Hier ist Rhodos, hier springe, heißt ein
griechisches Sprichwort. Es meint, dass jemand erst einmal durch 
Taten beweisen soll, was er vorgibt zu können. Unter diesem Zwang 
steht nun auch die Regierung in Athen, die immerzu betont, dass sie 
die Notfallhilfe der Europäischen Union und des Internationalen 
Währungsfonds (IWF) nicht benötigt - obwohl die Märkte längst darauf 
spekulieren, dass die Griechen ihre immensen Finanzprobleme ohne 
Unterstützung nicht in den Griff bekommen können.
Bemerkenswert ist allerdings,dass sich diese Spekulationen vor dem
Wochenende wieder etwas beruhigten. Europas Aktienmärkte, denen 
mancher Beobachter schon eine extreme Verunsicherung und einen 
bevorstehenden Kurseinbruch attestierte, rückten am Freitag wieder 
deutlich vor. Der Dax schloss die Woche bei einem Stand von 6250 
Punkten ab - nicht weit entfernt vom erst kürzlich markierten 
19-Monats-Hoch.
Dies ist zumindest ein Indiz dafür, dass die Verunsicherung unter 
den Investoren doch (noch) nicht so hoch ist wie hier und dort 
behauptet. Darauf weist auch das nach wie vor niedrige Umsatzvolumen 
im europäischen Aktienhandel hin. Würden Anleger ihre Zuversicht für 
Aktien verlieren, würde sich das Angebot auf der Verkäuferseite 
schlagartig vergrößern.
Freilich sollten sich Anleger nicht in Sicherheit wiegen. Schon am
20.April muss Griechenland mehr als 8,2 Mrd. Euro refinanzieren und 
am 19.Mai noch einmal rund 8 Mrd. Euro. Erst dann wird sich erweisen,
ob die Griechen tatsächlich in der Lage sind, ihren Worten Taten 
folgen zu lassen - oder ob die Ratingagentur Fitch recht behält, die 
Athen am Donnerstag dazu aufforderte, sofort auf die Unterstützung 
der europäischen Partner und des Internationalen Währungsfonds 
zuzugreifen. Am Freitag stufte Fitch Griechenland auf "BBB-" 
herunter.
Einen Hinweis auf die Erfolgschancen der Hellenen werden die 
Märkte schon in der neuen Woche erhalten. Laut der staatlichen 
Schuldenagentur will Griechenland am Dienstag Anleihen mit Laufzeiten
von 26 und 52 Monaten im Volumen von jeweils 600 Mill. Euro 
emittieren. Klar ist, dass sich Athen Zinsen auf dem aktuellen Niveau
jenseits von 7% nicht auf Dauer leisten kann. Daher wird das Thema 
Griechenland die Aktienmärkte belasten, bis endlich mehr Klarheit 
darüber herrscht, wie groß das Defizit der Hellenen tatsächlich ist 
und wie genau die Konditionen für die Hilfe der EU aussehen werden. 
Am Freitag verlautete in Brüssel, die Zinsen seien in etwa so hoch, 
wie es bei Hilfskrediten des IWF der Fall sei.
Bleiben unerwartete Negativbotschaften aus, besteht auf kurze 
Sicht allerdings durchaus die Chance, dass Europas Aktienindizes die 
im Februar gestartete Kursrally fortsetzen. Dabei liegt die Hoffnung 
darauf, dass die Berichtssaison für das erste Quartal 2010 neue 
Impulse liefert. Mit dem zurückliegenden Kursanstieg, der den Dax in 
den vergangenen Wochen um rund 800 Punkte antrieb, haben die Märkte 
bereits viel Positives eingepreist. Gleichwohl setzen einige 
Investoren und Aktienstrategen darauf, dass die Unternehmen ihre 
Zurückhaltung etwas ablegen und sich ein Trend zu optimistischeren 
Gewinn- und Umsatzprognosen für das Gesamtjahr 2010 etabliert. Dafür 
spricht die anhaltend positive Entwicklung wichtiger Frühindikatoren 
und der Auftragseingänge. Hoffnung machen außerdem die 
Entspannungssignale, die Anleger zuletzt vom US-Immobilienmarkt und 
vom US-Arbeitsmarkt empfingen. Daraus leitet sich die Erwartung eines
Anstiegs des wichtigen US-Konsums ab. Inwieweit dies berechtigt ist, 
dürfte die am Mittwoch zur Veröffentlichung anstehende Statistik der 
US-Einzelhandelsumsätze zeigen.
Die Frage, ob es berechtigt ist, auf Impulse durch die 
Berichtssaison zu setzen, dürfte sich bereits in einer Woche gut 
beantworten lassen. Bis dahin haben wichtige US-Konzerne Bilanzdaten 
präsentiert. Dazu zählt der Chiphersteller Intel, dessen Zahlen der 
Markt Signalcharakter für den Technologiesektor zuweist. Hohe 
Aussagekraft für die Entwicklung in der Industrie haben die 
Geschäftszahlen von General Electric. Zudem veröffentlichen mit J.P. 
Morgan Chase und Bank of America zwei wichtige Finanzadressen 
Geschäftszahlen. Bei ernüchternden Daten dürften die mit der 
Bilanzsaison verknüpften Hoffnungen schnell verpuffen - und das Thema
Griechenland dürfte wieder stärker in den Fokus rücken.
(Börsen-Zeitung, 10.4.2010)

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung