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Börsen-Zeitung: Zu kurz gesprungen, Kommentar von Christof Roche zu den Vorschlägen der Expertengruppe unter Führung von Jacques de Larosière zur Entwicklung der Finanzaufsicht in Europa

Frankfurt (ots)

Die Expertengruppe unter Führung des früheren
französischen Notenbankchefs Jacques de Larosière setzt auf Konstanz.
Evolution statt Revolution ist die Marschrichtung, mit der sie in 
Reaktion auf die Krise Europas die Finanzaufsicht vorwärts bringen 
will. Die drei EU-Ausschüsse - CEBS für die Banken, CESR für die 
Börsen, CEIOPS für die Assekuranz - sollen zu individuellen 
europäischen Agenturen aufgewertet werden. Parallel will Larosière 
einen Europäischen Rat für Systemrisiken unter Führung der 
Europäischen Zentralbank (EZB) installieren, um - mit direktem Draht 
zu den Agenturen - die Makro- und Mikroüberwachung zur Ortung und 
Behebung systemischer Probleme eng zu verzahnen.
Richtig ist ohne Zweifel: Mit bindenden Standards der Agenturen 
für alle nationalen Aufseher wird die Kontrolle gestrafft. Und 
korrekt ist auch, dass die Zeitvorgabe von Larosière bis 2012 
realistisch ist. Dennoch belässt der Franzose die praktische Aufsicht
in den einzelnen Ländern. Den Schritt, diese für die globalen Player 
auf die supranationale Ebene zu hieven - oder zumindest in der 
Heimataufsicht zu bündeln -, um Binnenmarkt und europäische 
Überwachung in Einklang zu bringen, wagt der Franzose nicht. Das aber
ist überfällig, wenn in Europa gerade mal 45 Banken mehr als zwei 
Drittel der Branchenassets verwalten. Und auch in einem weiteren 
Punkt springt Larosière zu kurz. Die EZB muss für die Makrosicht 
gestärkt werden. Dazu muss sie Zugang zu den Büchern der großen 
Banken erhalten, um Systemrisiken über eigene Daten selbst orten zu 
können. Im System Larosière bleibt die EZB aber auf Infos zweiter 
Hand angewiesen.
Die Probleme der Finanzindustrie und die verbundenen 
aufsichtlichen Defizite haben Europas Regierungen wachgerüttelt. Dies
ist der Moment, die Krise als Chance für den überfälligen 
Systemwechsel zu nutzen, zumal es in Europas Kompromisspolitik 
bislang nie funktionierte, anfangs gesteckte Ziele voll zu erreichen.
Schon deshalb wäre es klüger gewesen, Larosière hätte seine Vorgabe 
ambitionierter formuliert. Immerhin: Noch ist ein Systemwechsel in 
der Aufsicht nicht verloren. Die EU-Kommission wird ihre eigenen 
Schlussfolgerungen aus der Larosière-Vorgabe ziehen - und führende 
Vertreter der Brüsseler Behörde haben zuletzt die EU-Aufsicht 
lautstark gefordert, um der Zersplitterung der Aufsichtsstruktur in 
Europa ein Ende zu setzen.
(Börsen-Zeitung, 26.2.2009)

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