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Börsen-Zeitung: Silberstreif am Horizont, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Die jüngsten globalen Konjunkturdaten sehen gar
nicht gut aus. Wie am Freitag bekannt gegeben wurde, ist das 
amerikanische Bruttoinlandsprodukt gemäß der ersten Schätzung 
gegenüber Vorjahr um annualisierte 3,8% zurückgegangen. Dass an Wall 
Street ein noch schlechterer Wert von -5,4% erwartet worden war, ist 
nur ein schwacher Trost. Es ist nämlich schon eine ganze Weile her, 
dass der Einbruch der Wirtschaftsleistung der bedeutendsten 
Volkswirtschaft der Welt so drastisch ausgefallen ist. Zuletzt war es
Anfang 1982 so schlimm gekommen wie aktuell. Zudem ist die Lücke 
zwischen dem in der Schätzung ausgewiesenen Wert und den 
Analystenerwartungen auf den Lageraufbau zurückzuführen. Amerikas 
Unternehmen waren offenbar nicht in der Lage, die Produktion so 
schnell wie eigentlich erforderlich herunterzufahren. Rechnet man den
Lageraufbau heraus, so ergibt sich ein Rückgang des um diesen Posten 
verminderten Bruttoinlandsprodukts von 5,1%, was ziemlich genau den 
düsteren Analystenerwartungen entspricht. Bedenklich stimmt auch, 
dass der Konsum in den USA im Quartal nun schon zum zweiten Mal in 
Folge nachgegeben hat. So etwas hat es zuletzt vor zwanzig Jahren 
gegeben.
Wenig erfreulich sieht es auch in Japan aus. Die 
Industrieproduktion ist im Dezember im Vergleich zum Vormonat um fast
10% eingebrochen, nach dem im November bereits ein Rückgang um 8,5% 
verzeichnet worden war. Viele japanische Ökonomen und Analysten 
zeigten sich angesichts dieser Zahlen regelrecht erschüttert.
Auch in der Eurozone ist die Lage alles andere als gut. Spanien 
und Griechenland haben bereits ihr Triple-A-Rating verloren, nun 
könnte es ein weiteres Land erwischen. Moody's hat gewarnt, dass 
Irland den "AAA"-Status einbüßen könnte. Am Markt für Credit Default 
Swaps (CDS) wird die Wahrscheinlichkeit für einen Ausfall irischer 
Staatsanleihen inzwischen mit rund 20% angenommen - vor der Krise war
dies ein Niveau, das in der Regel nur bei Dritte-Welt-Ländern zu 
beobachten war. Gleichwohl sind die Aktienmärkte nicht in einen 
steilen Sinkflug übergegangen. Wall Street hatte am Freitag einen 
recht freundlichen Start, der Dax pendelte lange um die Nulllinie, 
bevor er ins Minus drehte.
Dass die Wall Street zunächst freundlich reagierte, lag nicht nur 
daran, dass sich die Lage etwas besser darstellt als erwartet. Was 
die volkswirtschaftlichen Daten betrifft, handelt es sich wohl eher 
um einen anderen Effekt: Es ist eine Reihe von Frühindikatoren 
hereingekommen, die den Eindruck erwecken, als zeichne sich der erste
Silberstreif am Horizont ab. So ist auf US-Seite der Index der 
Frühindikatoren des Conference Boards unerwartet gestiegen.
Zudem gab es erstmals seit längerer Zeit wieder einmal eine 
positive Tendenz auf dem US-Häusermarkt. Die Zahl der Verkäufe 
bereits bestehender Eigenheime ist im Dezember um 6,5% gestiegen. In 
Europa fielen der Ifo-Geschäftsklimaindex, die ZEW-Umfrageergebnisse 
und das Geschäftsklima in Frankreich und Belgien recht freundlich 
aus. Nach Einschätzung von Analysten ist insbesondere der deutliche 
und breit gefasste Anstieg des Ifo-Index positiv zu bewerten, weil 
dieser historisch eine hohe Korrelation zum Aktienmarkt aufweise. 
Analysten spekulieren, dass die Dividendentitel zur Bodenbildung 
ansetzen könnten, da der Aktienmarkt einen konjunkturellen 
Aufwärtstrend meist um sechs bis neun Monate vorweg nimmt.
Allerdings gibt es für dieses hoffnungsvoll stimmende 
Marktszenario noch erhebliche Risiken. In den USA könnte eine durch 
die gegenwärtigen Massenentlassungen steigende Arbeitslosigkeit noch 
deutlich stärker auf den Konsum und damit die Konjunktur 
durchschlagen. Auf beiden Seiten des Atlantiks sind zudem die im 
Markt eingepreisten Gewinnschätzungen immer noch zu hoch. Zumindest 
in Europa könnten ferner toxische Assets bei den Banken die Staaten 
in einem Maß auf den Plan rufen, dass sie mit Blick auf die bereits 
hohe Verschuldung überfordert sind. Die meisten Anleger dürften sich 
daher noch zurückhalten. Es ist nämlich denkbar, dass es sich nur um 
eine Verschnaufpause handelt, bevor sich die Krise verschlimmert und 
Konjunktur und Märkte zu einer neuen Talfahrt ansetzen.
(Börsen-Zeitung, 31.1.2009)

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