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Börsen-Zeitung: Öl gefährdet die Aktienrally, Kommentar von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

Einmal mehr trifft die Autofahrer in diesen
Tagen beim Blick auf die Preisschilder der Tankstellen der Schlag. 
Jetzt auch noch Diesel über 1,50 Euro pro Liter! Die Autofahrer sind 
derzeit Zeugen einer Blase am Öl- und Treibstoffmarkt. Ob Angriffe 
auf Pipelines in Nigeria oder eine verstärkte Dieselnachfrage in 
China, weil das Erdbeben in der betroffenen Region die 
Stromversorgung hat zusammenbrechen lassen: Jede Meldung über 
Verknappung oder anziehende Nachfrage löst sofort neue Preisschübe 
aus.
Derzeit nimmt das Barrel am US-amerikanischen Terminmarkt die 
Schwelle von 130 Dollar ins Visier. Innerhalb nur eines Jahres hat 
sich der Preis damit mehr als verdoppelt. Die Rohstoffexperten in den
Banken sind sich einig, dass dem Verbraucher noch Schlimmeres ins 
Haus steht. So hat Goldman Sachs kürzlich einen Anstieg des Ölpreises
auf bis zu 200 Dollar prognostiziert. Am Freitag erhöhte die 
US-Investmentbank ihre Prognose für den durchschnittlichen Ölpreis 
des zweiten Halbjahres 2008 von 107 auf 141 Dollar, und für den 
kommenden Turnus sagte sie einen Durchschnittspreis von 148 Dollar 
voraus.
Vor diesem Hintergrund ist unschwer vorstellbar, dass sich unsere 
Autofahrer am Abend vor dem Fernseher noch einmal die Augen gerieben 
haben. Denn der deutsche Aktienmarkt ist trotz der Öl-Hausse weiter 
gestiegen. Der Dax hat sogar erstmals seit Mitte Januar wieder die 
Schwelle von 7200 Punkten erreicht. Das deutsche Blue-Chip-Barometer 
hat damit eine Performance gezeigt, von der die Marktteilnehmer vor 
zwei Monaten nicht einmal zu träumen wagten. Gegenüber dem 
Tiefststand des Kurseinbruchs, der seinerzeit mit 6168 erreicht 
wurde, hat der Dax nun rund 1000 Zähler gutgemacht.
Unvereinbare Bewegungen
Getragen wird die Erholung von der zunehmenden Überzeugung der 
Anleger, dass die internationale Finanzkrise weitgehend ausgestanden 
ist. Außerdem ist die Quartalsberichtssaison bei weitem nicht so 
schlecht ausgefallen, wie von Teilen des Marktes zuvor befürchtet 
worden war. Zuletzt haben außerdem einzelne Konjunkturdaten wieder 
ein etwas freundlicheres Bild gezeichnet. Die Marktakteure müssen 
allerdings aufpassen, nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden. 
Denn die beiden Aufwärtsbewegungen, die dieser Tage zu erleben sind, 
sind letztlich miteinander unvereinbar. Es ist kaum vorstellbar, dass
in den nächsten Wochen sowohl der Dax als auch der Ölpreis stark 
zulegen. Denn von der Öl-Hausse gehen erhebliche Risiken aus - 
insbesondere wenn sie sich in dem Tempo der zurückliegenden Wochen 
fortsetzt. Das hat zuletzt unter anderem UBS betont.
Die Schweizer Großbank hat ihre Ölpreisprognose ebenfalls erhöht 
und dabei unterstrichen, dass die erhoffte Erholung der 
Weltwirtschaft in den Jahren 2009 und 2010 von Inflationsrisiken, die
von den steigenden Ölpreisen ausgehen, gefährdet werde.
Der Steigflug des Schwarzen Goldes trifft insbesondere den 
amerikanischen Verbraucher hart, der bereits von der Häuserkrise 
angeschlagen ist und außerdem stärker als viele Einwohner Europas auf
die Nutzung des Automobils angewiesen ist. Ein weiterer Anstieg des 
Ölpreises birgt somit erhebliche Gefahren für die US- und auch die 
Weltkonjunktur. Gleichzeitig verringert sich durch die zunehmende 
Inflationsgefahr der Spielraum der Zentralbanken für 
konjunkturstützende Lockerungsmaßnahmen. Eine anhaltend hohe oder 
sogar steigende Teuerung könnte die Notenbanken vielmehr zwingen, die
Leitzinsen anzuheben. Auch dies wäre für die Weltwirtschaft und 
letztlich für die Aktienmärkte unbekömmlich. Ein weiterer deutlicher 
Anstieg des Dax würde daher zumindest eine Beruhigung am Ölmarkt 
voraussetzen.
Denkbar ist allerdings auch ein anderer Ausgang. Der Ölpreis kann 
nicht kräftig weiter steigen, ohne dass dies Auswirkungen auf den 
Verbrauch hat. Mit jedem Dollar, um den sich das Schwarze Gold 
verteuert, müssen mehr Konsumenten passen bzw. den Verbrauch 
reduzieren. Kurzum: Ab einem gewissen Punkt könnte eine fallende 
Nachfrage die spekulativen Gelder, die sich derzeit auf den 
Rohstoffmarkt und insbesondere den Energiebereich konzentrieren, zur 
Flucht veranlassen und einen kräftigen Rückschlag des Ölpreises 
auslösen.

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