Alle Storys
Folgen
Keine Story von Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV) mehr verpassen.

Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)

Covid-19 bedroht indigene Völker Russlands: Verbreitung durch Rohstoffboom in der Arktis

Covid-19 bedroht Indigene in russischer Arktis:

  • Rohstoffboom bringt Großbaustellen mit wechselndem Personal
  • Norden des Landes hat bereits die meisten Infizierten nach den Großstädten
  • "Nach der Zerstörung ihrer Umwelt wird nun auch die Gesundheit der Sami, Nenzen und Komi gefährdet"

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor einer wachsenden Bedrohung indigener Völker in der russischen Arktis durch Covid-19. Der Rohstoffboom in den Polarregionen bringt Großbaustellen mit viel wechselndem Personal. Das gefährde die traditionell dort lebende Bevölkerung: Im Norden des Landes gebe es nach den Großstädten Moskau und St. Petersburg bereits jetzt die höchste Zahl an Coronavirus-Infizierten. "Die Sami, Nenzen, Komi und anderen indigenen Völker zahlen einen hohen Preis für Russlands Wirtschaftswachstum. Nach der Zerstörung ihrer Natur und Umwelt wird nun auch ihre Gesundheit gefährdet, um Russlands Zugriff auf Rohstoffe zu sichern", erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. Die Menschenrechtsorganisation fordert eine Aussetzung neuer Großprojekte in der russischen Arktis, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Die betroffenen Unternehmen wollen ihre Großprojekte hingegen trotz steigender Infektionszahlen fortführen.

So erklärte der russische Erdgas-Konzern Novatek am gestrigen Mittwoch, der Bau einer neuen Fabrik nahe der Stadt Murmansk zur Herstellung von Bohrplattformen für die Erdgasförderung im Eismeer werde fortgeführt. "Nach offiziellen Angaben sind inzwischen 206 Personen auf der Großbaustelle Belokamenka an der Kola-Bucht mit dem Virus infiziert", berichtet Delius. Innerhalb nur eines Tages hätte sich die Zahl der Infizierten unter den 11.000 Beschäftigten auf der Baustelle fast verdoppelt. Die russische Regierung war über die wachsende Zahl der Infizierten so alarmiert, dass sie am Osterwochenende medizinische Hilfsgüter einfliegen ließ, um ein mobiles Krankenhaus zu errichten.

Auch auf den Erdgasfeldern auf der weiter östlich gelegenen Yamal-Halbinsel greift Covid-19 immer mehr um sich. Die betroffenen Einrichtungen werden vor allem von dem Konzern Gazprom betrieben. Personal dieses Erdgas-Unternehmens wird für die Zunahme von Coronavirus-Infektionen verantwortlich gemacht. Nach dem Tod eines infizierten Gazprom-Mitarbeiters fragen sich viele auf der Halbinsel lebende indigene Nenzen, ob sie ausreichend medizinisch versorgt und auf mögliche Infektionen getestet werden. "Die Gesundheitsversorgung in der russischen Arktis ist katastrophal und auf eine hohe Zahl von Coronavirus-Infizierten nicht vorbereitet. Für die Indigenen in der Region kann die Pandemie zur Katastrophe werden", warnt Delius.

Dass das Gesundheitssystem in der Polarregion bei der Bekämpfung der Seuche überfordert ist, zeigte sich Ende März 2020 in der Republik Komi, nördlich des Ural-Gebirges. Als dort innerhalb eines Tages die Zahl der Infizierten um einhundert Personen zunahm, schlugen die Behörden Alarm. Selbst in Moskau wurde dies gehört und der seit 15 Jahren amtierende Gouverneur innerhalb weniger Tage abgelöst und durch den stellvertretenden russischen Gesundheitsminister Vladimir Uiba ersetzt. Der 62-jährige soll nun das Gesundheitssystem in Komi neu strukturieren, nachdem es dort vor allem an Krankenhäusern viele Covid-19-Erkrankungen gegeben hat.

Sie erreichen Ulrich Delius unter u.delius@gfbv.de oder 0160/95671403.

Gesellschaft für bedrohte Völker
Postfach 2024
D-37010 Göttingen
Tel.: +49 551 499 06-21
Fax: +49 551 580 28
E-Mail:  info@gfbv.de
www.gfbv.de
Menschenrechtsorganisation mit beratendem Status bei den UN und mitwirkendem Status beim Europarat
Weitere Storys: Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Weitere Storys: Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
  • 10.04.2020 – 13:09

    Pipeline-Bruch in Ecuador: Mehrere Flüsse im Amazonas verseucht

    Am Dienstag, den 7. April, ist es zu einem Bruch am Transecuadorianischen Pipelinesystem (SOTE) gekommen. Dabei sei Rohöl in den Coca-Fluss und von dort aus in den Napo-Fluss gelangt, an dem indigene Kichwa leben. Das berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unter Berufung auf Medienberichte vor Ort. Nach Angaben der staatlichen Betreibergesellschaft Petroecuador sei die Pipeline inzwischen abgestellt. ...

  • 08.04.2020 – 08:47

    Selahattin Demirtas zum Geburtstag (10.4.): Unschuldig im Hochsicherheitstrakt

    Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gratuliert dem türkisch-kurdischen Politiker Selahattin Demirtaş zu seinem 47. Geburtstag. „Er wird diesen Tag im Gefängnis nicht feiern können“, bedauert Dr. Kamal Sido, Nahostreferent der GfbV. „Aber seine Familie und auch wir denken an ihn und würdigen seinen unermüdlichen Einsatz für Gleichberechtigung, ...

  • 07.04.2020 – 08:17

    Welt-Roma-Tag (8.4.): Covid-19 bedroht Roma auf dem Westbalkan

    Welt-Roma-Tag (8.4.): - Covid-19 bedroht Roma auf dem Westbalkan - Europäische Union und Europarat müssen sofort und nachhaltig reagieren - Strukturelle Diskriminierung in Ländern des ehemaligen Jugoslawien hält an Anlässlich des Welt-Roma-Tages am 8. April fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Europäische Union und den Europarat ...

    2 Dokumente