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Der Tagesspiegel: Deutscher Islamrechtler: Politiker Barfuß hat unglückliche Worte gewählt - aber die Scharia ist in Deutschland Realität

Berlin (ots)

Berlin - Im Streit um Forderungen nach Respekt für
die islamische Rechtsordnung Scharia bekommt der designierte 
bayerische Integrationsbeauftragte Georg Barfuß (FDP) Unterstützung 
durch einen der führenden deutschen Islamrechtler: "Die Scharia ist 
im deutschen Recht Realität - und zwar seit über hundert Jahren", 
sagte der Erlanger Rechtswissenschaftler und Experte für 
Rechtsvergleichung Mathias Rohe dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe). 
"Wenn ein Muslim nach der Scharia betet und fastet, übt er geltendes 
Verfassungsrecht aus", sagte Rohe weiter. Denn dies schütze die 
Ausübung seiner Religion. Seit Inkrafttreten des Bürgerlichen 
Gesetzbuchs würden Regeln der Scharia vor Gericht beachtet. Wollten 
etwa zwei Jordanier in Deutschland heiraten, so sei das 
Scharia-geprägte jordanische Recht maßgeblich.
Auch in die Gesetzgebung sei die Scharia eingeflossen, etwa ins 
Sozialgesetzbuch. Ein Muslim könne Rentenanwartschaften auf bis zu 
vier Ehefrauen verteilen, damit werde die für deutsche Heiratswillige
verbotene Polygamie für Muslime offiziell gebilligt. Barfuß habe 
"unglückliche Worte gewählt", so Rohe, "aber in der Sache hat er 
Recht".
Zugleich machte der Rechtswissenschaftler deutlich, dass 
Scharia-Regeln nur so lange akzeptierbar seien, wie sie mit deutschem
Recht vereinbar sind. "Nachteile für Frauen, wie sie im Sorgerecht 
oder im Erbrecht zur Scharia gehören, können wir nicht hinnehmen", 
sagte er, Gewalt und Köperstrafen seien ohnedies nicht akzeptabel. 
"Aber ich kenne keinen Muslimen in Deutschland, der dies fordert", 
sagte der Jurist. Rohe sprach sich auch dagegen aus, ein 
Scharia-orientiertes Schiedswesen für private Konflikte wie in 
Großbritannien zuzulassen. "Familiensachen sind keine Privatsachen" 
sagte er. Es gebe ein öffentliches Interesse daran, Fragen von 
Trennung, Unterhalt und Sorgerecht im Sinne eines gesellschaftlichen 
Konsenses zu lösen.

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
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