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Der Tagesspiegel: Revuetheater in Schieflage - Der Friedrichstadtpalast in Berlin steht vor der Insolvenz

Berlin (ots)

Nur eine staatliche Geldspritze von 3,5 Millionen
Euro kann den Friedrichstadtpalast noch vor der Pleite retten. Der 
Regierende Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) hat jetzt beim 
Parlament Alarm geschlagen, damit im traditionsreichen Revuetheater 
nicht vor Jahresende der letzte Vorhang fällt. Seit August hat der 
Friedrichstadtpalast kein Geld mehr in der Kasse. Nur ein 
Gesellschafterdarlehen könne die "drohende bilanzielle Überschuldung 
verhindern", steht in einer Vorlage Wowereits an den Hauptausschuss 
des Abgeordnetenhauses.
Ein Sprecher der Kulturverwaltung bestätigte die schwierige Lage: 
"Das war so nicht absehbar, und es macht uns betroffen und betrübt." 
Die existenzielle Misere trifft das landeseigene Theater an der 
Friedrichstraße in einer Umbruchphase. Seit November 2007 arbeitet 
der neue Intendant Berndt Schmidt an neuen Programmen, um mehr 
Zuschauer in das Haus zu locken. Denn seit 2001 stürzte der 
Auslastungsgrad des Friedrichstadtpalastes von 95 auf 60 Prozent ab. 
Eine neue Sommerrevue ging an den Start, eine spektakuläre Show auf 
dem Eis ("Qi - eine Palast-Phantasie") soll die klassischen Revuen 
ersetzen, die das Publikum nicht mehr binden konnten.
Außerdem wird die größte Theaterbühne der Welt noch einmal vergrößert
und Technik, Tonstudios sowie die Restauration im Foyer werden 
erneuert. In die laufende Sanierung platzt nun die Nachricht vom 
fehlenden Geld. Zuletzt minderten die Fußball-Europameisterschaft und
der BVG-Streik die Besucherzahlen. Und die letzten großen Revuen 
kamen beim Publikum nicht gut an.
Zwar wird längst beim Personal gespart: Seit September 2007 verloren 
40 Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze, weitere zehn Stellen sollen noch 
abgebaut werden. Das Rechnungswesen wurde neu organisiert, die 
Eintrittspreise werden ab Oktober erhöht, trotzdem bleiben die 
Einnahmen immer weiter hinter den Ausgaben zurück. Für den 
Intendanten Schmidt ist die Liquiditätslücke "nur in der Höhe, aber 
nicht in der Sache überraschend". Allein für die Abfindungen des 
Personals, das den Friedrichstadtpalast verlässt, müssten kurzfristig
1,5 Millionen Euro gezahlt werden. Die laufende Restrukturierung des 
Revuetheaters koste eben viel Geld, aber schon im nächsten Jahr werde
sich die Lage entspannen. "Und mein Ziel für 2010 ist eine schwarze 
Null."
Insofern sieht Schmidt das Gesellschafterdarlehen von 3,5 
Millionen Euro, das vom Abgeordnetenhaus noch genehmigt werden muss, 
nicht als verlorenen Zuschuss, sondern als lohnende Übergangshilfe. 
"Wir kommen sehr gut voran, seit einem halben Jahr steigen erstmals 
seit Jahren die Zuschauerzahlen, wir treffen den Geschmack der Leute 
wieder besser." Wenn es gelinge, jährlich 400 000 Gäste ans Haus zu 
binden und längerfristig noch eine weitere Million Euro Ausgaben zu 
kürzen, komme der Friedrichstadtpalast gut über die Runden. Mehr 
öffentliche Subventionen fordert der Intendant nicht. "Ich will mit 
den jetzt gewährten 6,1 Millionen Euro pro Jahr aus dem 
Landeshaushalt auskommen."
Die Regierungsfraktionen SPD und Linke werden die Finanzspritze 
voraussichtlich  gewähren. "Das ist die letzte Chance - wenn das neue
Konzept nicht zieht, ist es mit dem Friedrichstadtpalast vorbei", 
sagte der Linken-Haushälter Carl Wechselberg gestern. Die 
SPD-Kulturexpertin Brigitte Lange ist "vorsichtig optimistisch", dass
die Rettungsaktion funktioniert. "Wir können ein solches Theater doch
nicht zugrunde gehen lassen."

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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