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Der DUH-Artenschutz-Fall des Tages (Teil 4): Hessen sägt am EU-Naturschutzrecht und schafft zu Hause schon mal Schutzgebiete ab

Berlin (ots)

Teil 4 der DUH-Serie zu den Versäumnissen des
Naturschutzes in Deutschland anlässlich der 
UN-Biodiversitätskonferenz: Hessen will über den Bundesrat die 
EU-Richtlinien für Vogel- und Naturschutz zusammenlegen - Erreichte 
Standards sollen abgeschwächt und Eingriffe in den Naturhaushalt 
erleichtert werden - Regierung Koch hat in Hessen bereits die 
Landschaftsschutzgebiete abgeschafft - DUH fordert den Bundesrat auf,
bewährte EU-Naturschutzgrundsätze beizubehalten und Deutschland nicht
ins europäische Abseits zu stellen
Berlin, 26. Mai 2008: Um Worte ist Hessens derzeit 
geschäftsführender Ministerpräsident Roland Koch (CDU) nicht verlegen
und so macht es ihm auch nichts aus, dass seine Unterschrift zwar 
unter der internationalen Vereinbarung "Countdown 2010" zum Erhalt 
der Artenvielfalt steht, er aber gleichzeitig 
Landschaftsschutzgebiete in Hessen abschafft und das 
EU-Naturschutzrecht einschränken will. Die Absichtserklärung von 
Ministerpräsident Koch zum Artenschutz ist ein reiner Papiertiger, 
denn wie ernst es ihm wirklich um den Schutz der biologischen 
Vielfalt ist, zeigt der von ihm erst vor wenigen Monaten in den 
Bundesrat eingebrachte - und dort beschlossene - Entschließungsantrag
zum Europäischen Naturschutzrecht (Drucksache 768/07, 9. November 
2007). Darin fordert Hessen, dass die EU-Vogelschutz-Richtlinie und 
die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) zusammengelegt werden. Was 
bei Koch und seinen Mitstreitern aus anderen unionsregierten Ländern 
als "zukunftsfähige Ausgestaltung" des Europäischen Naturschutzrechts
daher kommt, bedeutet jedoch nichts anderes als die Abschaffung 
etablierter Schutzstandards für den Natur- und Artenschutz in 
Deutschland. Wörtlich heißt es in der Entschließung des Bundesrates: 
"Angesichts der beträchtlichen Flächenanteile sollte nunmehr auch den
Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur Rechnung 
getragen werden." Die Bundesländer unterstellen damit, dass die 
EU-Richtlinien bislang wirtschaftliche und gesellschaftliche Belange 
nicht berücksichtigt hätten. Tatsache ist jedoch, dass bislang keine 
einzige Unternehmensansiedlung oder neue Straße in Deutschland 
aufgrund der FFH-Richtlinie verhindert worden wäre, wie die 
EU-Umweltkommission mitteilt.
"Koch und seine Freunde in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und 
den anderen Unions-Ländern wollen Autobahnen bauen und nicht die 
biologische Vielfalt schützen", sagte Rainer Baake, 
Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). "Weite 
Teile der Union offenbaren einen bedingungslosen Glauben an Wachstum 
zu Lasten der Natur und verkennen völlig, dass nachhaltiges 
Wirtschaften nicht auf mehr Ressourcenverbrauch beruht, sondern auf 
Effizienzsteigerung." Baake erinnerte daran, dass gerade viele 
mittelständische Unternehmen mittlerweile die Zeichen der Zeit 
erkannt haben und auf eine umweltschonende, nachhaltige 
Wirtschaftsweise setzen, zu der auch der Schutz der biologischen 
Vielfalt gehöre. Die Bundesregierung müsse sich dem "ewig gestrigen 
Wirtschaftsverständnis in der Union" widersetzen und in Deutschland 
die etablierten EU-Standards für Natur- und Artenschutz erhalten und 
bei neuen Erkenntnissen wo nötig auch ausbauen.
Als völlig widersinnig für den von der Bundesregierung 
international angestrebten Artenschutz bezeichnete Baake, dass Hessen
bereits 2006 insgesamt 15 Landschaftsschutzgebiete mit Hilfe einer 
Novelle des hessischen Naturschutzgesetzes abgeschafft habe. Vom 
Kabinettstisch aus wurde der Schutzstatus von mehreren hunderttausend
Hektar geschützten Lebensraums von Tieren und Pflanzen in Hessen 
demontiert. Mit diesem Gesetzesstreich hatte die Regierung Koch auch 
gleich die rechtliche Grundlage für Naturparke in Hessen  ausgehöhlt,
die laut § 27 Bundesnaturschutzgesetz und fast gleichlautendem 
Hessischen Naturschutzgesetz überwiegend aus 
Landschaftsschutzgebieten oder auch Naturschutzgebieten bestehen 
müssen. Angesichts des fortschreitenden Artensterbens auch in 
Deutschland könne sich kein Bundesland die Abschaffung von 
Schutzgebieten leisten, kritisierte Baake.
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Die DUH-Serie zum Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland
In Bonn präsentieren sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und 
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf der UN-Artenschutzkonferenz 
als Kämpfer für die weltweite Biodiversität. Die Deutsche Umwelthilfe
begrüßt ausdrücklich das Engagement der Bundesregierung für den 
weltweiten Arten- und Naturschutz, ist aber besorgt über die 
mangelnde Umsetzung von Zielen zum Schutz der Biodiversität in 
Deutschland. Bislang schaffen Bund und Länder es nicht, dem Natur- 
und Artenschutz innerhalb Deutschlands zu seinem Recht zu verhelfen. 
So liegt Deutschland innerhalb der Europäischen Union im letzten 
Drittel bei der Ausweisung von Schutzgebieten nach der 
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH), die einen Mindeststandard für 
den Schutz bedrohter Tiere und Pflanzen bildet. Deutschland hat aber 
nicht nur extrem wenig Gebiete unter den FFH-Schutz gestellt, der 
Zustand der Gebiete "befindet sich in einem ungünstigen 
Erhaltungszustand", wie das Bundesamt für Naturschutz im Januar 2008 
festgestellt hat.
Für die Ausweisung und Pflege der FFH-Gebiete sind ebenso wie für 
den Naturschutz die Bundesländer zuständig. Dort hat die 
Biodiversität oftmals keinen hohen Stellenwert: Niedersachsens 
FDP-Umweltminister Sander greift im Biosphärenreservat Elbe 
eigenhändig zur Kettensäge, Baden-Württemberg genehmigt die Tötung 
der international geschützten Kormoranbrut am Bodensee, Bayern 
schießt den einzigen Braunbären im deutschen Alpenraum ab.
Die DUH unterstützt nachdrücklich die nationale 
Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung. Dieses im  
Bundeskabinett verabschiedete Programm für die biologische Vielfalt 
in Deutschland ist jedoch nichts wert, solange die Strategie nicht 
praktisch umgesetzt wird. Die DUH ist in großer Sorge um heimische 
Tiere, Pflanzen und ihre Lebensräume. Um der auch hierzulande 
bedrohten Natur eine Stimme zu geben, veröffentlicht die DUH während 
der UN-Biodiversitätskonferenz regelmäßig einen Artenschutz-Fall des 
Tages aus Deutschland. Quer durch die Republik haben wir zwischen 
Nordsee und Alpen, Müritz und Bodesee Beispiele für die Zerstörung 
unserer Natur zusammengetragen.
Bisher erschienen: Sachsen-Anhalt schrumpft das Biosphärenreservat
Flusslandschaft Elbe; Baden-Württemberg genehmigt rechtswidrig Tötung
von geschützten Kormoranen im Naturschutzgebiet; Niedersachsens 
Umweltminister geht mit Kettensäge eigenhändig auf geschützte 
Auwälder los und löst EU-Vertragsverletzungsverfahren aus.

Pressekontakt:

Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-15,
Mobil: 0151 55016943, baake@duh.de

Ulrike Fokken , Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-22,
Mobil:0151 55017009, fokken@duh.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell

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