Alle Storys
Folgen
Keine Story von Technische Universität München mehr verpassen.

Technische Universität München

Neue Röntgentechnologie: Dunkelfeld-Röntgen verbessert Diagnose von Lungenerkrankungen

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

Corporate Communications Center

Tel.: +49 89 289 10510 - E-Mail: presse@tum.de

Dieser Text im Web: https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/36891

Bildmaterial mit hoher Auflösung: https://mediatum.ub.tum.de/1621886

PRESSEMITTEILUNG

Neue Röntgentechnologie im Patienteneinsatz

Dunkelfeld-Röntgen verbessert Diagnose von Lungenerkrankungen

Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben ein neues Röntgenverfahren für die Lungendiagnostik erstmalig erfolgreich bei Patienten eingesetzt. Dunkelfeld-Röntgen macht frühe Veränderungen in der Alveolarstruktur infolge der Lungenkrankheit COPD sichtbar, benötigt dafür jedoch nur ein Fünfzigstel der in der Computertomographie üblichen Strahlendosis. Dies erlaubt eine breite medizinische Anwendung in der Früherkennung und dem Therapieverlauf von Lungenerkrankungen.

Millionenfach führen schwere Erkrankungen des Atmungssystems zu stark eingeschränkter Lebensqualität. Jedes Jahr sterben allein in Deutschland mehr als 100.000 Menschen an schweren Lungenerkrankungen. Typisch für eine lebensgefährliche chronisch obstruktive Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) sind teilweise zerstörte Lungenbläschen und eine Aufblähung der Lunge (Emphysem).

In normalen Röntgenaufnahmen sind die feinen Unterschiede im Gewebe jedoch kaum sichtbar. Detaillierte diagnostische Informationen liefern erst fortschrittliche medizinische Bildgebungstechnologien, bei denen im Computer viele Einzelbilder zusammengesetzt werden. Eine schnelle und kostengünstige Option mit geringer Strahlenbelastung für Früherkennung und Nachuntersuchungen fehlt bisher.

Diese Lücke könnte ein an der TU München entwickeltes Verfahren schließen: das Dunkelfeld-Röntgen. In der aktuelle Ausgabe von „Lancet Digital Health“ präsentiert ein Forschungsteam, angeführt von Franz Pfeiffer, Professor für biomedizinische Physik und Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering der TUM, nun Ergebnisse einer ersten klinischen Studie mit Patienten, bei der die neue Röntgen-Technologie zur Diagnose der Lungenkrankheit COPD eingesetzt wurde.

Der Wellencharakter des Röntgenlichts macht‘s möglich

Die konventionelle Röntgen-Bildgebung beruht auf der Abschwächung des Röntgenlichts auf seinem Weg durch das Gewebe. Die Dunkelfeld-Technologie dagegen nutzt Anteile des Röntgenlichts, die gestreut werden und beim konventionellen Röntgen unbeachtet bleiben.

Die neue Methode nutzt damit das physikalische Phänomen der Streuung auf ähnliche Weise wie die schon länger bekannte Dunkelfeldmikroskopie mit sichtbarem Licht: Diese macht es möglich, Strukturen weitgehend transparenter Objekte sichtbar zu machen. Im Mikroskop erscheinen sie als helle Strukturen vor einem dunklen Hintergrund, was der Methode ihren Namen verleiht.

„An Grenzflächen zwischen Luft und Gewebe beispielsweise ist die Streuung des Röntgenlichts besonders stark“, erklärt Pfeiffer. „Dadurch lassen sich in einem Dunkelfeldbild der Lunge Bereiche mit intakten, also luftgefüllten, Lungenbläschen klar von Regionen unterscheiden, in denen weniger intakte Lungenbläschen vorhanden sind.“

Geringere Strahlendosis

Eine Untersuchung mit der Dunkelfeld-Röntgen-Technik ist außerdem mit einer deutlich geringeren Strahlendosis verbunden als die heute verwendete Computertomografie. Denn sie erfordert nur eine einzelne Aufnahme pro Patientin oder Patient, während für die Computertomografie zahlreiche Einzelaufnahmen aus verschiedenen Richtungen erstellt werden müssen.

„Wir rechnen mit einer um den Faktor Fünfzig reduzierten Strahlenbelastung“, sagt Franz Pfeiffer. Darüber hinaus haben die ersten klinischen Ergebnisse bestätigt, dass das Dunkelfeld-Röntgen zusätzliche bildliche Informationen über die zugrundeliegende Mikrostruktur der Lunge liefert.

„Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen der Alveolarstruktur und dem funktionellen Zustand der Lunge ist diese Fähigkeit für die Lungenheilkunde von großer Bedeutung,“ erklärt Dr. Alexander Fingerle, Oberarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Klinikum rechts der Isar der TUM. „In Zukunft könnte das Dunkelfeld-Röntgen so zu einer besseren Früherkennung von COPD und anderen Lungenerkrankungen beitragen.“

Zukünftig bessere Röntgengeräte für die Früherkennung

Franz Pfeiffer hofft, mit diesen ersten klinischen Ergebnissen an Patienten die Durchführung weiterer klinischer Studien und die Entwicklung marktfähiger Geräte zu beschleunigen, die die Dunkelfeld-Methode nutzen.

„Mit der Dunkelfeld-Röntgen-Technologie haben wir aktuell eine Chance, die Früherkennung von Lungenkrankheiten deutlich zu verbessern und gleichzeitig auch breiter als bisher einzusetzen,“ betont Pfeiffer.

Da die Dunkelfeld-Bildgebung nicht auf COPD beschränkt ist, sind auch weitere translationale Studien zu anderen Lungenpathologien wie Fibrose, Pneumothorax, Lungenkrebs und Lungenentzündung, einschließlich COVID-19, von großem Interesse.

Publikation:

Konstantin Willer, Alexander Fingerle, Wolfgang Noichl, Fabio De Marco, Manuela Frank, Theresa Urban, Rafael Schick, Alex Gustschin, Bernhard Gleich, Julia Herzen, Thomas Koehler, Andre Yaroshenko, Thomas Pralow, Gregor Zimmermann, Bernhard Renger, Andreas Sauter, Daniela Pfeiffer, Marcus Makowski, Ernst Rummeny, Philippe Grenier, Franz Pfeiffer

X-ray dark-field chest imaging for detection and quantification of emphysema in patients with chronic obstructive pulmonary disease: a diagnostic accuracy study

Lancet Digital Health, Volume 3, ISSUE 11, e733-e744, November 01, 2021 – DOI: 10.1016/S2589-7500(21)00146-1

Link: https://www.thelancet.com/journals/landig/article/PIIS2589-7500(21)00146-1/

Mehr Informationen:

Die Arbeiten wurden unterstützt durch das European Research Council im Rahmen eines Advanced Grants, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Philips Medical Systems DMC GmbH. Mitautor Thomas Köhler (Philips) war Rudolf Diesel Industry Fellow des TUM Institute for Advanced Study (TUM-IAS), das aus Mitteln der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder sowie des Marie Curie COFUND-Programm der EU gefördert wird. Ein Teil der Arbeiten wurde in Kooperation mit der Karlsruhe Nano Micro Facility (KNMF), einer Helmholtz-Forschungsinfrastruktur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), durchgeführt.

Bilder mit hoher Auflösung:

https://mediatum.ub.tum.de/1621886

Kontakt:

Prof. Dr. Franz Pfeiffer

Lehrstuhl für Biomedizinische Physik

Department für Physik / Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE)

James-Franck-Str. 1, 85748 Garching, Germany

Tel.: +49 89 289 12551 (Büro) – +49 89 289 12552 (Sekretariat)

E-Mail: franz.pfeiffer@tum.de

Web: https://www.groups.ph.tum.de/e17/ - https://www.bioengineering.tum.de

Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 600 Professorinnen und Professoren, 48.000 Studierenden sowie 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.

Weitere Storys: Technische Universität München
Weitere Storys: Technische Universität München
  • 20.10.2021 – 11:57

    Neutronen erkennen verborgene Defekte in additiv gefertigten Bauteilen - Testverfahren im Test

    TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Corporate Communications Center Tel.: +49 89 289 10510 - E-Mail: presse@tum.de Dieser Text im Web: https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/37001 Bildmaterial mit hoher Auflösung: https://mediatum.ub.tum.de/1632328 PRESSEMITTEILUNG Testverfahren im Test Im Vergleich erkennen Neutronen die meisten Defekte in ...

  • 15.10.2021 – 11:32

    TUM-Campus Straubing wächst weiter

    TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Corporate Communications Center Tel.: +49 89 289 22779 - E-Mail: presse@tum.de - web: www.tum.de Dieser Text im Web: http://go.tum.de/606382 PRESSEMITTEILUNG Ministerpräsident Söder eröffnet Laborneubau für „Nachhaltige Chemie“ TUM-Campus Straubing wächst weiter Der Straubinger Campus für Biotechnologie und Nachhaltigkeit der Technischen Universität München (TUM) wächst ...

  • 15.10.2021 – 10:50

    Die TUM wächst auf 48.000 Studierende

    TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHENCorporate Communications Center Tel.: +49 89 289 22798 - E-Mail: presse@tum.de - Web: www.tum.de Bilder: https://mediatum.ub.tum.de/1632155 PRESSEMITTEILUNG Die TUM wächst auf 48.000 Studierende Historische Rekorde bei Einschreibungen aus dem Ausland Die Attraktivität der Technischen Universität München (TUM) für Talente aus aller Welt ist ungebrochen. Wie im Vorjahr haben sich circa ...