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Rauchstopp und Harm Reduction als Teil des Vaskulären Komplikationsmanagements auf dem 139. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Rauchstopp und Harm Reduction als Teil des Vaskulären Komplikationsmanagements auf dem 139. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
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Leipzig (ots)

Zum ersten Mal wurde am 6. April 2022 bei einem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, einer Dachorganisation für zehn Chirurgische Fachgesellschaften - zugleich Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin - der Themenkomplex Rauchstopp und Harm Reduction angesprochen. Gleich zwei von insgesamt sieben Vorträgen einer hochkarätig besetzten Sitzung zum vaskulären Komplikationsmanagement befassten sich mit diesem Thema.

Rauchen - hohes Risiko und hohe Kosten

Dr. Hinrich Böhner, Leiter der Klinik für Chirurgie im St. Rochus-Hospital und im Kath. Krankenhaus Dortmund-West, ermahnte die Zuhörer, sich diesem Thema auch wissenschaftlich vermehrt zu stellen, da Rauchen einen der wichtigsten Risikofaktoren für gefäßerkrankte Patienten darstellt. Zunächst wies er auf die generellen Kosten des Rauchens für Deutschland hin, welche vom Deutschen Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft im Tabakatlas Deutschland 2020 veröffentlicht wurden. Die direkten Kosten durch Krankheiten und Therapie wurden dort mit 30,32 Milliarden Euro angegeben und die indirekten Kosten durch Belastung der Volkswirtschaft sogar mit 66,92 Milliarden Euro.

Neue Ansätze in der Raucherentwöhnung

Für Gefäßpatienten sind die Erfolge bei dem Versuch, das Rauchen aufzugeben, besonders schlecht. Mit ärztlicher Motivation liegen sie unter <10 %, bei Teilnahme an strukturierten Programmen bei 10-25 % und mit Unterstützung spezieller Programme der Suchtentwöhnung bei 30 %. Ein neuer Ansatz könnte eine telemedizinisch gestützte psychologisch/psychiatrisch betreute Therapie unter Ausschöpfung aller Hilfsmittel sein. Dieser Ansatz wird in einer multizentrischen Studie unter Führung der RWTH Aachen in Zusammenarbeit mit der Gefäß-Gesellschaft West e.V. untersucht, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert wird. Neu ist, dass ausschließlich aktiv rauchende Patienten mit Revaskularisationen im Rahmen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) im Stadium II-IV, < 80 Jahren und einem mobilen Endgerät eingeschlossen werden sollen. Die Rekrutierung soll nach Abschluss von Formalitäten und Ethikvoten im Oktober 2022 beginnen.

Ein Mitglied des wissenschaftlichen Beirates dieser Studie ist Prof. Dr. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie des Städtischen Klinikums Karlsruhe. Er erläuterte in einem weiteren Vortrag das Prinzip der Harm Reduction (Risikoreduktion) sowie die dazu vorliegende Evidenz. Unter Harm Reduction wird bei Raucherinnen und Rauchern, die es nicht schaffen, das Rauchen vollständig aufzugeben, die Reduktion der Schadstoffaufnahme durch einen Wechsel von der Tabakverbrennung hin zu verbrennungsfreien Produkten verstanden. So befriedigen E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Nikotinbeutel ("Pouches") die Nikotinsucht, setzen aber 90-95 % weniger Schadstoffe frei als klassische Verbrennungszigaretten. Dies kann insbesondere in der akuten Phase der Rauchentwöhnung einen Rückfall vermeiden.

Datenbasierter und wissenschaftlich fundierter Umgang

Storck plädierte für einen sachlich-wissenschaftlichen Umgang mit dem Thema. Er präsentierte die toxikologischen Daten zur Schadstoffreduktion und die aktuellen Cochrane-Analysen zum Rauchstopp aus den Jahren 2020 und 2021. Stork verwies dabei auf mathematische Modellierungen zum Einfluss der Schadstoffreduktion auf das Krebsrisiko. Auch für die Sekundärprävention der Arteriosklerose ist vor allem das Vermeiden der Verbrennungsprodukte entscheidend und nicht der Verzicht auf Nikotin. Aktuelle Umfragen aus den USA, aber auch aus Deutschland, zeigen, dass den meisten Ärzten und Ärztinnen dies nicht bewusst ist.

Ein Argument gegen die schadstoffärmeren Produkte ist die sogenannte Gateway-Hypothese, also die Annahme, dass diese Produkte verführende "Einstiegsdrogen in das Zigarettenrauchen" für Kinder und Jugendliche sind. Storck wies darauf hin, dass es keine validen Daten gibt, die diese Gateway-Hypothese stützen. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) befand sich die Raucherquote der 12- bis 17-jährigen im Jahr 2019 mit 6-8% auf einem historischen Tiefstand. Die Anzahl der jugendlichen Nutzer von E-Zigaretten oder Tabakerhitzern blieb dabei konstant niedrig.

Insgesamt will sich die Gefäßmedizin mehr mit dem Thema Rauchen, Rauchstopp und Harm Reduction beschäftigen und Ärzte und Ärztinnen informieren, um auch in Deutschland den rauchenden Gefäßpatienten, die hinsichtlich ihrer Abhängigkeit und ihrer Krankheitsverläufe eine ganz besondere Risikogruppe darstellen, bessere Hilfe anbieten zu können.

Pressekontakt:

Prof. Dr. Martin Storck

info@thrombose-initiative.de

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