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Wortmeldung: Ein neuer Baustein für die Umsetzung der RED III – es bleiben Fragen offen

Wortmeldung: Ein neuer Baustein für die Umsetzung der RED III – es bleiben Fragen offen
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KNE-Wortmeldung, 15.08.2025

Ein neuer Baustein für die Umsetzung der RED III –

es bleiben Fragen offen

Eine Einordnung des RED-III-Umsetzungsgesetzes für die Windenergie an Land unter Einbeziehung der Belange des Naturschutzes

Das sogenannte RED-III-Umsetzungsgesetz schafft einen Rechtsrahmen zur planerischen Ausweisung von Beschleunigungsgebieten, in denen Onshore-Windenergieanlagen in beschleunigten Verfahren zugelassen werden. Das Gesetz führt erhebliche Erleichterungen für die Zulassungsverfahren in diesen Gebieten ein und schließt damit die Lücke, die durch das Außerkrafttreten der Notfallverordnung aufgerissen wurde. Es gibt jedoch auch Kritik. Im Kern geht es dabei um neue Pflichten der Planungsträger und die oft mangelhafte Datenbasis, die für diese zur Verfügung steht. Auf der Zulassungsebene werfen zahlreiche neue, unbestimmte Rechtsbegriffe, offene Anwendungsfragen und kurze Fristen die Frage auf, ob eine einheitliche Anwendung der Regelungen zeitnah möglich sein wird.

Am 15. August 2025 trat das Gesetz zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz sowie für Planverfahren nach dem Baugesetzbuch und dem Raumordnungsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes und zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (kurz RED-III-Umsetzungsgesetz) in Kraft. Das Gesetz ist vor allem auf eine weitere Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie an Land ausgerichtet. Das KNE nimmt nachfolgend eine erste Einordnung der Neuregelungen für die Windenergie an Land in Hinblick auf die Auswirkungen auf den Natur- und Artenschutz vor.

Zentrale Neuregelungen

Mit dem RED-III-Umsetzungsgesetz werden zahlreiche Vorgaben der RED III zur Planung und Zulassung von Windenergieanlagen an Land in verschiedenen Gesetzen verankert. Mit Blick auf die naturverträgliche Energiewende sind hervorzuheben: Die Einführung

  • eines Rechtsrahmens für die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten durch die § 249c und § 245f Baugesetzbuches (BauGB) sowie § 28 Raumordnungsgesetz (ROG),
  • flankierender Regelungen zur Aufstellung von Regeln für Minderungsmaßnahmen in den Anlagen 3 zum BauGB und ROG,
  • zentraler Regelungen für den Entfall materieller Prüfpflichten des Artenschutzes, Gebietsschutzes und Gewässerschutzes bei der Zulassung von Windenergieanlagen an Land sowie die Einführung eines neuartigen Überprüfungsverfahrens der Zulassungsbehörden durch § 6b des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG).

Das RED-III-Umsetzungsgesetz enthält weitere Regelungen, die für die naturverträgliche Energiewende von Bedeutung sind, die aber nicht durch den EU-Gesetzgeber vorgegeben wurden. Besonders hervorzuheben sind dabei Neuregelungen, die die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Windenergievorhaben als sonstige Vorhaben im unbeplanten Außenbereich erschweren, sobald der Flächenbeitragswert erreicht ist.

Planungsbehörden stehen vor neuen Herausforderungen

Während diese neuen Regelungen die bestehende Aufgabe der Planungsträger stärken, den Raum unter Berücksichtigung sämtlicher Nutzungsinteressen und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit zu beplanen, bringt der neue Rechtsrahmen für die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten neue, herausfordernde Aufgaben mit sich. Diese Herausforderungen zeichneten sich bereits im nicht mehr verabschiedeten Entwurf der Vorgänger-Bundesregierung vom Herbst 2024 ab, von dem die Regelungen nur geringfügig abweichen. Die in der Ausschussanhörung im Herbst geäußerten Bedenken, dass der deutsche Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum zu einseitig zugunsten der Beschleunigung genutzt haben könnte, bestehen insofern fort.

Die Planungsbehörden sind weiterhin verpflichtet, Windenergiegebiete als Beschleunigungsgebiete auszuweisen, wenn diese der gesetzlich definierten Ausschlusskulisse genügen. Sind diese Gebiete also außerhalb von Natura-2000-Gebieten, Naturschutzgebieten, Nationalparken, Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten oder aus Sicht des Artenschutzes sensiblen Gebieten, besteht für die Planungsbehörden kein Ermessensspielraum. Die Gebiete sind als Beschleunigungsgebiete auszuweisen. Es bleiben Zweifel, ob allein über diese Ausschlusskulisse die Anforderung der Richtlinie umgesetzt wird, nach der Beschleunigungsgebiete dort auszuweisen sind, wo die „Nutzung einer bestimmten Art [...] erneuerbarer Energie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen“ haben wird.

Der Auswahl der Windenergiegebiete und der Definition der sensiblen Gebiete durch die Planungsträger kommt daher eine große Bedeutung bei der Minimierung der umweltbezogenen Konflikte zu. Gleichzeitig existiert keine flächendeckende und homogene Datenbasis zur Ableitung dieser Gebiete. Ebenso haben die Planungsträger keinen unmittelbaren Zugriff auf die erforderlichen Daten zur Abgrenzung der sensiblen Gebiete. Zudem stehen sie vor der neuen Aufgabe, artenschutz-, gebietsschutz- und gewässerschutzrechtliche Konflikte auf Planebene zu antizipieren, um konfliktarme Standorte auszuwählen und anlassbezogene und vermeidungswirksame Regeln für Minderungsmaßnahmen aufzustellen.

Diese Pflicht, Windenergiegebiete als Beschleunigungsgebiete auszuweisen, erstreckt sich aufgrund der neugefassten Übergangsregelungen auch auf bereits laufende Verfahren und auf abgeschlossene Planungsverfahren für Windenergiegebiete, die nach dem 19. Mai 2024 ausgewiesen wurden. Das verschärft die beschriebene Problematik, da in weit fortgeschrittenen und insbesondere in abgeschlossenen Verfahren keine Gebietsauswahl mehr möglich sein dürfte, die der Vermeidung umweltrechtlicher Konflikte dient. Es stellen sich zudem neue Fragen im Zusammenhang mit diesen Übergangsregelungen, zum Beispiel ob auch nur Teilflächen von Windenergiegebieten zu Beschleunigungsgebieten erklärt werden können, wie mit Änderungsbedarfen im Umweltbericht umzugehen ist und einige verfahrensbezogene Fragen.

Jedenfalls kann ein Bundesland, nachdem es seinen Flächenbeitragswert erreicht hat, die Ausweisung weiterer Beschleunigungsgebiete per Gesetz wieder in das Ermessen der Planungsträger stellen. Diese Regelung liegt im Interesse des Naturschutzes.

Die diesen Rechtsrahmen zur Ausweisung von Beschleunigungsgebieten flankierenden Anlagen 3 zum BauGB sowie zum ROG haben sich gegenüber dem Entwurf von 2024 inhaltlich wenig verändert. Neu ist die ausdrückliche Unterscheidung der Regeln für wirksame Minderungsmaßnahmen in „regelmäßig“ und „anlassbezogen“ durchzuführende Maßnahmen. Zudem verspricht der Gesetzgeber zur Konkretisierung der Anlagen 3 einen Bundesleitfaden.

Offene Fragen für die Genehmigungsverfahren

Auch in Hinblick auf den neuen § 6b WindBG bestehen Fragestellungen fort, die bereits im Zusammenhang mit dem Entwurf von 2024 diskutiert wurden. Ein zentraler Kritikpunkt an der Regelung ist die Verengung der maßgeblichen Entscheidungsgrundlage beim Überprüfungsverfahren auf Daten, „die eine ausreichende räumliche Genauigkeit zur Anordnung von Maßnahmen aufweisen und zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag in der Regel nicht älter als fünf Jahre sind“.

Der Gesetzgeber eröffnet mit der Einfügung von „in der Regel“ zumindest die Möglichkeit einer Nutzung älterer Daten im Einzelfall, sofern diese systematisch und fortlaufend erhoben werden oder im Einzelfall hinreichend validiert wurden. Er begründet im Kern jedoch ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Die Behörde muss zudem denklogisch vor der eigentlichen Überprüfung die Verwendbarkeit älterer Daten prüfen und begründen, da die Behörde nach der Gesetzesbegründung den Antragstellern mitteilen soll, „welche Daten für die relevanten besonders geschützten Arten vorhanden sind“. Eine enge Abstimmung zwischen Antragstellenden und der Behörde bereits vor der Einreichung des Antrags ist deshalb unerlässlich.

Eine Beschränkung der Entscheidungsgrundlage in zeitlicher und räumlicher Hinsicht sieht die RED III nicht vor, sodass der Gesetzgeber hier seinen Umsetzungsspielraum zugunsten der Beschleunigung überschätzt haben könnte. Da die Behörde von der in dieser Weise beschränkten Datengrundlage auch die Minderungs- und ggf. Ausgleichsmaßnahmen ableiten muss, dürften mit der geltenden Regelung weniger Maßnahmen angeordnet werden als ohne die enge zeitliche und räumliche Beschränkung.

Weitere rechtliche und fachliche Fragen, die bereits 2024 als klärungsbedürftig diskutiert wurden, bleiben offen: Was ist der Prüfmaßstab der Überprüfung? Ist das Vorhaben nach dem Ablauf der Überprüfungsfrist unter Umweltgesichtspunkten genehmigt? Wann sind negative Umweltauswirkungen unvorhergesehen?

Einordnung des KNE

Mit dem RED-III-Umsetzungsgesetz hat die neue Bundesregierung die drohende Lücke bei der deutschen Umsetzung der RED III geschlossen. Es hätte den Regelungen und ihrer Akzeptanz allerdings gutgetan, wäre auf eine Verbände- und Länderbeteiligung nicht verzichtet worden.

Im Interesse eines naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land bleibt festzuhalten:

  • Auf den Planungsträgern lastet die große Verantwortung Beschleunigungsgebiete auszuweisen, die keine erheblichen Umweltauswirkungen haben. Dass auch Beschleunigungsgebiete mit erheblichen Umweltauswirkungen ausgewiesen werden, ist angesichts der beschriebenen Herausforderungen nicht auszuschließen. Dies gilt ganz besonders für Beschleunigungsgebiete nach § 6a WindBG. Für solche Gebiete ist eine gewissenhafte Prüfung der unvorhergesehenen Umweltauswirkungen auf Basis aller verfügbaren Informationen erforderlich, um ein Mindestmaß an Natur- und Artenschutz zu gewährleisten.
  • Vor dem Hintergrund der eingeschränkten Datenbasis, der kurzen Prüfzeiträume und der Unklarheiten bezüglich der Prüfmaßstäbe im Überprüfungsverfahren brauchen die Naturschutzbehörden zusätzliche personelle und finanzielle Unterstützung. Es gehört zu den Pflichten der Mitgliedstaaten aus Art. 16 Abs. 7 der RED III, den zuständigen Behörden angemessene Ressourcen für qualifiziertes Personal, Fortbildung und Umschulung zur Verfügung zu stellen. Nur so kann die tatsächliche Durchführung der Überprüfungsverfahren sichergestellt werden.
  • Unbestimmte Rechtsbegriffe sollten baldmöglichst konkretisiert werden. Insbesondere die Differenzierung zwischen unvorhergesehen Umweltauswirkungen im Sinne des § 6b WindBG und solchen Auswirkungen, die in der Abwägung der Strategischen Umweltprüfung ermittelt, aber als auf der Planungsebene nicht relevant abgeschichtet wurden, wird eine Herausforderung darstellen.
  • Im Hinblick darauf, dass es wegen der lückenhaften Datenbasis zu vermehrten Ersatzzahlungen kommen dürfte, sollte es ein dringendes Anliegen bleiben, über ein Naturflächenbedarfsgesetz Flächen zu sichern, um diese Gelder sinnvoll für Maßnahmen des Natur- und Artenschutzes einsetzen zu können.
  • Die effektive Umsetzung der EU-Wiederherstellungsverordnung sowie von nationalen Artenhilfsprogrammen kann als Gegengewicht zur Beschleunigungsgesetzgebung den Naturschutz stärken. Außerdem sind weitere Anstrengungen des Bundes und der Länder erforderlich, um eine belastbare und standardisierte Datengrundlage für die Entscheidungen auf der Planungs- und Zulassungsebene bereitzustellen (Monitoring).

Ob das Umsetzungsgesetz seine intendierte Beschleunigungswirkung in der Praxis entfalten kann, wird deshalb davon abhängen, ob und wann die federführenden Ministerien des Bundes und die Fachaufsichten der Länder Anwendungshilfen bereitstellen, wie entscheidungsfreudig die Planungs- und Zulassungsbehörden trotz der neuen Fragestellungen in der Zwischenzeit sind, und, ob die Gerichte die neuen Fragestellungen zeitnah und abschließend klären.

Das KNE wird die einzelnen naturschutzrelevanten Regelungen des RED-III-Umsetzungsgesetzes in einer Publikation ausführlich erläutern und einordnen. Die Veröffentlichung ist für Herbst 2025 geplant.

Fachkontakt

Jenny Lassmann

Rechtsreferentin

jenny.lassmann@naturschutz-energiewende.de

T.: +49 30 7673738-33

Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren.

Anke Ortmann
Leiterin Presse und Öffentlichkeitsarbeit
T.: +49 30 7673738-12
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Diese Pressemitteilung enthält möglicherweise bestimmte in die Zukunft gerichtete Aussagen, die auf den gegenwärtigen Annahmen und Prognosen der Geschäftsführung der KNE gGmbH und anderen derzeit verfügbaren Informationen beruhen. Die KNE-Geschäftsführung beabsichtigt nicht und übernimmt keinerlei Verpflichtung, derartige zukunftsgerichtete Aussagen zu aktualisieren und an zukünftige Ereignisse oder Entwicklungen anzupassen.

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