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Universität Hohenheim

Einfache rhetorische Mittel helfen in polarisierten Diskussionen

PRESSEMITTEILUNG DER UNIVERSITÄT HOHENHEIM

Polarisierte Diskussionen:

Extremen Meinungen kann etwas entgegengesetzt werden

Forschende am Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) und der Universität Hohenheim: Rhetorische Mittel führen zu gedanklichen Konflikten und moderateren Einstellungen

Bei der Diskussion gesellschaftlicher Themen wie Migration oder gendergerechter Sprache prallen oft stark entgegengesetzte Positionen aufeinander, Diskussionen werden emotional geführt. Diese Polarisierung wird vor allem durch Personen mit extremen Einstellungen vorangetrieben. Aktuelle Forschung zeigt, dass solche extremen Einstellungen durch das Auslösen von widersprüchlichen Gedanken bei diesen Personen die Übernahme von moderateren Positionen fördern. Zu diesem Ergebnis kommen die Psychologen Prof. Dr. Kai Sassenberg, Direktor des Leibniz-Instituts für Psychologie (ZPID) in Trier und Dr. Kevin Winter von Fachgebiet Nachhaltiges Handeln und Wirtschaften an der Universität Hohenheim in Stuttgart in ihrer aktuellen Publikation: https://doi.org/10.1177/09637214241242452

GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG DES LEIBNIZ-INSITUTS FÜR PSYCHOLOGIE UND DER UNIVERSITÄT HOHENHEIM

Demonstrierende gegen Rechtsextremismus skandieren „Ganz […] hasst die AfD“. Konservative Politiker und Politikerinnen verbieten gendergerechte Sprache in öffentlichen Einrichtungen, und im Umfeld der Bauernbauernproteste wurden Ampeln als Symbole für die Bundesregierung an Galgen gehängt. Dies sind nur einige Beispiele für extreme Äußerungen und Handlungen, die derzeit ungeniert in gesellschaftlichen Diskursen gezeigt werden. Die extremen Einstellungen von Einzelpersonen, die derartiger Polarisierung zugrunde liegen, sind schwer zu verändern.

Kognitive Konflikte führen zu weniger extremen Positionen

Die Psychologen Prof. Dr. Sassenberg und Dr. Winter haben in einem kürzlich erschienenen Artikel dargelegt, dass das gezielte Auslösen sich widersprechender Gedanken zu moderateren Einstellungen führen kann. „Egal ob man sich an schwer vereinbare persönliche Ziele erinnert oder sich mit widersprüchlichen Fakten auseinandersetzt. Solche kognitiven Konflikte führen dazu, dass weniger extreme Positionen angenommen werden“, erklärt Prof. Dr. Sassenberg.

„Besonders spannend: Diese Wirkung zeigt sich selbst dann, wenn die ausgelösten Gedanken inhaltlich gar nichts mit der extremen Meinung zu tun haben.“ Die beiden Forscher sprechen hier von einem sogenannten Mindset – einer Denkweise, die sich über verschiedene Situationen hinweg zeigt. Doch wie kann eine solche Denkweise im konkreten Fall ausgelöst werden?

Rhetorische Mittel reduzieren polarisierte Einstellungen

Psychologische Forschung hat gezeigt, dass sich widersprechende Gedanken durch eine Reihe von rhetorischen Mitteln ausgelöst werden können und im Anschluss zur Reduzierung von polarisierten Einstellungen beitragen. Beispielsweise können kognitive Konflikte durch rhetorische Fragen ausgelöst werden, die einen von der Realität abweichenden Verlauf von Ereignissen durchspielen („Was wäre gewesen, wenn …?“).

Auch Kommunikation, die schwer miteinander vereinbare Ziele aktiviert (z. B. Karriere machen und viel Zeit für die Familie haben), löst solche gedanklichen Konflikte aus. Die auf diese Weise erzeugten und gedanklich durchgespielten Widersprüche führten in zahlreichen Studien bei Personen mit extremen Einstellungen zur Übernahme moderaterer Positionen. So vertrauten Personen mit politisch rechter Einstellung Migranten mehr, nachdem bei ihnen kognitive Konflikte ausgelöst worden waren.

Paradoxe Intervention

Eine andere Methode, die schon im israelisch-palästinensischen Konflikt und bei Deutschen mit rechter politischer Einstellung erfolgreich erprobt wurde, sind Fragen, die scheinbar mit den extremen Positionen übereinstimmen, sie aber auf extreme und zum Teil absurde Weise übersteigern. So wurde zum Beispiel gefragt „Warum glauben Sie, dass in Deutschland bald kein Weihnachten mehr gefeiert wird wegen der großen Anzahl muslimischer Geflüchteter?“.

Hierzu erläutert Dr. Winter: „Derartige Aussagen lösen selbst bei Personen, die die Einwanderung von Menschen muslimischen Glaubens nach Deutschland ablehnen, Widerspruch aus.“ Um sich zu distanzieren, nehmen Personen, die ursprünglich extreme Einstellungen hatten, eine moderatere Position ein.

Egal, auf welche Weise sich widersprechende Gedanken entstehen – sie sind geeignet, Personen mit extremen Einstellungen dazu zu bringen, moderatere Positionen einzunehmen. Solche Gedanken können durch relativ einfach anzuwendende rhetorische Mittel ausgelöst werden. Dies könne ein Beitrag zur Reduzierung von gesellschaftlicher Polarisierung auf individueller Ebene sein, sind sich die Psychologen gewiss.

Weitere Informationen

Link zur Publikation: https://doi.org/10.1177/09637214241242452

Kontakt für Medien

Prof. Dr. Kai Sassenberg; Leibniz-Institut für Psychology (ZPID),

T +49 (0)651 201-2963, E ksa@leibniz-psychology.org

Dr. Kevin Winter, Universität Hohenheim, Fachgebiet Nachhaltiges Handeln und Wirtschaften,

T +49 711 459 24947, E kevin.winter@uni-hohenheim.de

Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim

http://www.uni-hohenheim.de/presse

Text: Leuchtenberg (ZPID) / Stuhlemmer

Universität Hohenheim
Pressestelle
70593 Stuttgart
Tel.: 0711 459-22003
Fax: 0711 459-23289
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