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Schwäbische Zeitung: Es braucht Zivilcourage - Leitartikel

Leutkirch (ots)

Der Bundespräsident wird am Sonntag aller Voraussicht nach die richtigen Worte zu dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen finden, das vor 20 Jahren das wiedervereinte Deutschland erschütterte. Er wird sich hoffentlich von den übrigen Sonntagsrednern unterscheiden, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten tränenreich ihre Wut, Scham und Empörung über den Pöbel gleich ob in Ost oder West bezeugten, um dann wieder geschwind zur Tagesordnung überzugehen und den Deutschen zu erklären, dass es kein größeres rechtsradikales Problem im Lande gebe. Einzeltäter folgten und folgen in ihrer Argumentation auf Einzeltäter. Wer auf der Flucht vor Neonazis verunglückt, ist dann in dieser Logik auch nicht zwingend ein Opfer von rechtsextremen Totschlägern. Manch amtliche Statistik belegt diese Dummheit. Der Ermittlungsskandal im Zuge der Mordserie des nationalsozialistischen Untergrundes NSU ist nicht nur, aber auch durch so eine Denke zu erklären. Fakt ist: Wenn die Glatzen marschieren, dann ist Zivilcourage gleichbedeutend mit Risiko für Leib und Leben. Und ohne Rostock-Lichtenhagen ist der heutige Rechtsextremismus nicht zu erklären. Der Demokratieverlust ist schleichend eingetreten und trotz vieler mutiger Menschen hat sich außerhalb Rostocks wenig zum Besseren gewendet. Neonazis versuchen immer wieder, ihre berüchtigten national befreiten Zonen durchzusetzen. Journalisten und Ausländer werden drangsaliert, aus Angst vor rechter Gewalt verzichten die Opfer auf Anzeigen. Vor 20 Jahren haben Politik und Medien versagt. Die Medien, weil sie dem Pöbel über Tage eine Bühne geboten haben. Die Politik, weil sie einem Klima der Ausgrenzung nicht wirklich entgegengetreten ist und lieber wählerwirksam Asylgesetze geändert beziehungsweise abgeschafft hat. Rechtsextremismus ist kein simples Sicherheitsproblem, das im Vorbeigehen von der Polizei gelöst werden kann. Darauf wird Gauck hinweisen. Er sollte uns alle in die Pflicht nehmen.

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