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WAZ: Der Fall Vattenfall: Langer Abschied vom Atom - Leitartikel von Lutz Heuken

Essen (ots)

Anhänger von Verschwörungstheorien könnten glauben,
bei Vattenfall säßen überzeugte Atomkraftgegner im Vorstand. Da kommt
es in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel zu Pannen, deren 
Schwere man auch knapp zwei Wochen später noch nicht einschätzen 
kann. Schlimm genug. Doch vor allem das, was danach geschah, macht 
diese Havarien zu einem echten Skandal. Der Betreiber Vattenfall 
vertuscht, verharmlost, fährt eine arrogante Desinformationspolitik. 
Als betreibe man in Krümmel einen Kanonenofen - und nicht eine höchst
gefährliche Anlage, die Millionen Menschen gefährden kann. So schafft
man sich Gegner.
Vattenfall hat nicht nur als Betreiber der Atomkraftwerke 
versagt, sondern auch als Unternehmen, das in politischer 
Verantwortung steht. Wer so mit Sicherheit und Öffentlichkeit umgeht,
sollte in Deutschland kein Atomkraftwerk betreiben dürfen. Die 
Forderung, dem Konzern die Betriebserlaubnis zu entziehen, ist daher 
nur zu verständlich. Zumal die Pannenserie in Norddeutschland 
keinesfalls ein Einzelfall ist. Im Juli 2006 entging das 
Vattenfall-Atomkraftwerk im schwedischen Forsmark offenbar nur knapp 
einer Katastrophe.
Für die Atomlobby kommt die mit berechtigtem Zorn geführte 
Debatte zur Unzeit. Über Jahre schon kochen die Vertreter der großen 
Energiekonzerne im Verbund mit angeblich unabhängigen 
Wirtschaftsexperten die Öffentlichkeit weich. Da wird mit der 
Abwanderung von tausenden Arbeitsplätzen ins Ausland gedroht, sollte 
sich Deutschland von der Atomkraft verabschieden. Da scheuen sich 
Politiker, die sich zuvor nie als Umweltschützer hervorgetan haben, 
nicht, das CO2-Argument ins Feld zu führen, um der Kernenergie das 
Wort zu reden. Da wird - fälschlicherweise - behauptet, die ganze 
Welt setze auf Atomkraft, nur Deutschland nicht. Fast schien es in 
letzter Zeit, als falle diese Dauer-Propaganda der Atom-Lobby auf 
fruchtbaren Boden. Zumal gerade bei der jüngeren Generation das 
Grauen von Tschernobyl verblasst ist.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es den großen Traum, die gewaltige
Kraft des Atoms eines Tages friedlich und problemlos nutzen zu 
können. Nicht nur Tschernobyl hat diesen Traum zum Albtraum gemacht. 
Die Lagerung des radioaktiven Materials ist ungelöst, Terroristen und
Diktatoren tun alles, um in den Besitz der Atomtechnik zu gelangen. 
Es ist deshalb höchste Zeit, sich endgültig von der Atomenergie zu 
verabschieden. Skandale wie der von Vattenfall dürften den Gegnern 
Ansporn sein, dieses Ziel weiter mit Nachdruck zu verfolgen.

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