Austermann: Haushaltsberatungen unterbrechen!
Berlin (ots)
Zum aktuellen Stand der Haushaltsberatungen erklärt der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann MdB:
Der Entwurf des Haushalts 2004 ist auch in der Fassung der Bereinigungsvorlage - nicht beschlussfähig; zu viele wesentliche und finanziell gewichtige Punkte sind ungeklärt (z.B. Steuern, Arbeitsmarkt). Vor diesem Hintergrund hat die Unionsfraktion im Haushaltsauschuss beantragt, die Beratungen zum Bundeshaushalt 2004 auszusetzen, bis die haushaltsrelevanten Gesetzgebungsvorhaben, die derzeit im Vermittlungsverfahren anhängig sind, von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden sind, die Bundesregierung den Haushaltsentwurf entsprechend überarbeitet und bei den großen Schätzansätzen (Steuern, Arbeitsmarkt) realistische Zahlen vorgelegt hat.
Der Bundesrat hat am 7. November hinsichtlich einer Reihe von haushaltsrelevanten Gesetzgebungsvorhaben den Vermittlungsausschuss angerufen. Das Haushaltsbegleitgesetz mit dem Vorziehen der 3. Stufe der Steuerreform, das Steuervergünstigungsabbaugesetz, die Gemeindefinanzreform, die Tabaksteuer sowie das Gesetz zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) sind mit erheblichen finanziellen Auswirkungen für den Bundeshaushalt verbunden. Der Ausgang des Vermittlungsverfahrens ist völlig offen. Damit stehen auch die erheblichen finanziellen Auswirkungen der im Vermittlungsverfahren befindlichen Gesetzentwürfe noch nicht fest. Allein durch Hartz IV sollen durch die Grundsicherung für Arbeitssuchende Milliardenbeträge in den Bundeshaushalt verlagert werden. Im Gegenzug sollen 7 Umsatzsteuerpunkte von den Ländern auf den Bund übertragen werden. Auf einer im zweistelligen Milliardenbereich veränderlichen Basis kann jedoch kein seriöser Beschluss zum Haushalt 2004 gefasst werden. Das Haushaltsverfahren, wie es die rot-grüne Koalition praktizieren will, würde die Beratungen zum Haushalt ad absurdum führen. Es macht keinen Sinn, einen Haushalt zu beschließen, der durch die Ergebnisse des Vermittlungsverfahrens möglicherweise wenige Wochen später in wesentlichen Teilen überholt wäre und bereits im Januar 2004 durch einen Nachtragshaushalt angepasst werden müsste.
Im Übrigen werden wesentliche Haushaltsschwerpunkte falsch gesetzt: Rot-Grün hat durch eine jahrelange wirtschafts- und wachstumsfeindliche Politik die finanziellen Gestaltungsspielräume des Staates derart eingeengt, dass eine zukunftsorientierte Politik zum Wohle unserer Gesellschaft nicht mehr möglich ist. Wir brauchen einen Politikwechsel für Deutschland. Umfassende Reformen des Arbeitsmarktes, Neubegründung der sozialen Sicherungssysteme, eine umfassende Vereinfachung des Steuersystems und eine umfassende Entbürokratisierung sind Kernelemente dieses Politikwechsels; damit soll die soziale Marktwirtschaft als die erfolgreichste Wirtschaftsordnung für die Bundesrepublik fit gemacht werden für die Chancen der Globalisierung.
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ist der Haushalt des Bundes bereits im ursprünglichen Regierungsentwurf verfassungswidrig. Mit 30,8 Mrd. überschreitet die geplante Neuverschuldung die Investitionsausgaben um rd. 6 Mrd. . Weitere erhebliche Risiken sind offenkundig. Eine Verletzung der Defizitgrenze nach Art. 115 GG ist nur erlaubt, wenn eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gegeben ist. Angesichts der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit von 4 bis 4,5 Millionen und der seit drei Jahren andauernden Stagnation kann eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts im Sinne des Art. 115 angenommen werden. Das Grundgesetz erfordert jedoch auch, dass die erhöhte Nettokreditaufnahme und die damit finanzierten Maßnahmen zur Abwehr der Störung geeignet sein muss.
Bereits heute steht fest, dass auch 2004 die 3%-Defizit-Grenze des Maastricht-Vertrages überschritten wird, zum dritten Mal in Folge. Die andauernde Verletzung des Europäischen Stabilitätspaktes ist insbesondere auf die überbordende Neuverschuldung des Bundes zurückzuführen. Eine Nettokreditaufnahme, die bereits in der Planung dazu führt, dass erneut gegen den Maastricht-Vertrag verstoßen wird, bedeutet den vorsätzlichen Bruch eines völkerrechtlichen Vertrages. Damit verliert der Stabilitäts- und Wachstumspakt seine Glaubwürdigkeit. Die rot-grüne Koalition hat das Instrument zur Wahrung der Stabilität des Euro Schritt für Schritt ausgehöhlt. Durch ihre Verschuldungspolitik fügt die rot-grüne Regierung der gemeinsamen europäischen Währung einen irreparablen Schaden zu. Die falsche Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Finanzpolitik der rot- grünen Regierung hat die größte Wachstums- und Beschäftigungskrise in Deutschland verursacht. Die Folge für die öffentlichen Kassen sind sprunghaft ansteigende Defizite durch sinkende Steuereinnahmen und explodierende Sozialausgaben. In dieser dramatischen Haushaltslage ist es zwingend erforderlich, dass in erster Linie der Staatsverbrauch reduziert wird. Das bedeutet, sämtliche Titelansätze aller Ressorthaushalte müssen auf Einsparmöglichkeiten hin geprüft werden. In allen Ressorts sind die Kosten für Aushilfskräfte, Sachverständige und Gutachten sowie Öffentlichkeitsarbeit deutlich zurückzuführen. Es ist unverantwortlich, dass trotz einer verfassungswidrigen Nettokreditaufnahme die Ausgaben der Bundesregierung für Öffentlichkeitsarbeit im kommenden Jahr um 15 Millionen auf rd. 100 Millionen ansteigen sollen. Die Ausgaben für ideologisch motivierte Projekte, wie etwa die Förderung von Modell- und Demonstrationsvorhaben und das Bundesprogramm Ökolandbau im Bereich Landwirtschaft, das Programm Nachhaltig leben und Arbeiten im Bereich Bildung und Wissenschaft, müssen vollständig gestrichen werden.
Der Bundeshaushalt 2004 ist - auch ohne die vorgezogene Steuerreform - mit erheblichen Risiken behaftet. Sie ergeben sich aus falschen gesamtwirtschaftlichen Annahmen, zu optimistischen Ansätzen bei den Steuereinnahmen und den Arbeitsmarktausgaben sowie unsicheren, aber dennoch unterstellten Bundesratsentscheidungen zu mehreren großen Einnahme- und Ausgabepositionen (s.o.). Damit verstößt der Entwurf gegen die Haushaltsgrundsätze von Wahrheit und Vollständigkeit. Gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit wird die wahre Haushalts- und Finanzlage zum Zeitpunkt der Budgetaufstellung verschleiert. Die Risiken im Haushalt 2004 belaufen sich auf insgesamt rd. 20 Mrd. . Allein im Bereich Arbeitsmarkt besteht schon auf der Basis geltenden Rechts eine Unterdeckung von 6-7 Mrd. . Die Annahme von Rot-Grün, dass durch die Hartz-Gesetze I und II Einsparungen in Höhe von 4 Mrd. erwirtschaftet werden, ist illusorisch. Bei Umsetzung von Hartz IV wächst die Lücke auf 10 Mrd. an.
Die nicht umgesetzte Kürzung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung um 2 Mrd. ist in eine Globale Minderausgabe umgewandelt worden. Insgesamt belaufen sich die Globalen Minderausgaben im Bundeshaushalt auf über 3 Mrd. . Globale Minderausgaben dieser Größenordnung beschädigen den Deutschen Bundestag als Haushaltsgesetzgeber. Eine ungedeckte Lücke in dieser Größenordnung ist ein weiteres Indiz dafür, dass der Bundeshaushalt auch ohne das schuldenfinanzierte Vorziehen der Steuerreform eine verfassungswidrige Kreditaufnahme aufweisen würde.
Die nach der letzten Steuerschätzung zusätzlich zu berücksichtigenden Steuermindereinnahmen von fast 5 Mrd. sollen durch weitere Platzhaltergeschäfte der Bundes mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Privatisierung von Anteilen des Bundes bei der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG finanziert werden. Das ist nichts anderes als eine teure und risikoreiche verdeckte Kreditaufnahme, wie es der Bundesrechnungshof gerade in einem Gutachten festgestellt hat. Zudem verschleudert der Bundesfinanzminister damit zum Stopfen von Haushaltslöchern die Reserven des Bundes unter Wert. Die Altersversorgung der ehemaligen Bediensteten der Postnachfolgeunternehmen wird deshalb künftige Haushalte des Bundes über Jahrzehnte verstärkt belasten.
ots-Originaltext: CDU/CSU - Bundestagsfraktion
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