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"Menschen bei Maischberger" am Dienstag, 14. August 2012, um 22.45 Uhr im Ersten

München (ots)

Das Thema:

Der Beschneidungsstreit: Wie weit dürfen religiöse Rituale gehen?

Gäste:
Dieter Graumann (Vorsitzender des Zentralrats der Juden)
Bilkay Öney (SPD, Integrationsministerin Baden-Württemberg) 
Christa Müller (kämpft gegen Genitalverstümmelung)
Necla Kelek (Soziologin und Islamkritikerin)
Dr. Sebastian Isik (Allgemeinmediziner)
Dr. Wolfgang Bühmann (Urologe)

Dieter Graumann / Der Zentralrats-Präsident sieht die Beschneidungsdebatte in Deutschland mit größter Sorge. Falls es bei der Rechtsauffassung bleibe, wonach die Beschneidung eines Jungen strafbare Körperverletzung ist, wäre "am Ende jüdisches Leben hier gar nicht mehr möglich", fürchtet Dieter Graumann. Die Debatte werde auch von einigen missbraucht, "um wieder alte antisemitische Klischees und Vorurteile zu transportieren". Für die Juden sei die Beschneidung elementar. Graumann fordert jetzt eine klare gesetzliche Regelung.

Bilkay Öney / Die Integrationsministerin fragt sich, warum jetzt eine Art Religionskrieg angezettelt werde. Das Argument mit dem Kindeswohl ist für sie fadenscheinig. "Als hätten Juden und Muslime das Kindeswohl nicht im Blick. Das finde ich unverschämt." Sie wolle nicht, dass Deutschland einziges Land auf der Welt sei, das Beschneidungen verbiete. "Damit würde die freie Religionsausübung eingeschränkt", sagt Bilkay Öney.

Christa Müller / "Es wäre eine Katastrophe, wenn die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen jetzt in Deutschland gesetzlich erlaubt wird. Dann würde es sofort Klagen geben, um auch die Mädchenbeschneidung zu erlauben", fürchtet die Mutter eines Sohnes, die mit ihrem Verein "Intact" seit 16 Jahren gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen kämpft. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit sei vom deutschen Grundgesetz geschützt und höher zu bewerten als Religionsfreiheit und Elternrecht, so die gläubige Katholikin: "Wer in Deutschland lebt, muss sich unserer Verfassung beugen."

Necla Kelek / In ihrem Buch "Die verlorenen Söhne. Plädoyer für die Befreiung des türkisch-muslimischen Mannes" beschreibt die Soziologin die Beschneidung ihrer beiden Neffen in der Türkei und löste damit die juristische Überprüfung der Knabenbeschneidung aus religiösen Gründen in Deutschland überhaupt erst aus. Die Islamkritikerin fordert, archaische religiöse Sitten und Traditionen zu hinterfragen und ist überzeugt: "Beschneidung ist Körperverletzung, der Eingriff kann traumatische Folgen haben. Darüber müssen wir in Deutschland endlich ausführlich diskutieren."

Dr. Sebastian Isik / Seit 35 Jahren beschneidet der Hamburger Arzt muslimische, jüdische und christliche Jungen. Für Sebastian Isik ist klar, dass hinter dem religiösen Ritus die Gesundheitsprävention steckt und pocht auf "Sauberkeit, Sauberkeit, Sauberkeit". Die Warnung vor möglichen Traumata hält der Mediziner für maßlos übertrieben. Vielmehr warnt er vor den Gefahren, wenn Beschneidungen fortan in Hinterzimmern durchgeführt werden. "Dann müssen wir Mediziner viele Korrekturen verpfuschter Eingriffe vornehmen", ist er überzeugt.

Dr. Wolfgang Bühmann / "Ich rate von einer Beschneidung ab, wenn sie medizinisch nicht notwendig ist. Und diese Notwendigkeit liegt bei einer rituellen Beschneidung nicht vor", sagt der Urologe. "Als Arzt bin ich dazu verpflichtet, Schaden vom Kind abzuwenden", so Wolfgang Bühmann, der Eltern vor körperlichen und seelischen Folgen warnt. Sein Vorschlag: "Warum warten wir nicht mit der religiösen Beschneidung, bis die Jungen mit mindestens 14 Jahren selbst entscheiden können, ob sie das wollen oder nicht?"

"Menschen bei Maischberger" ist eine Gemeinschaftsproduktion der ARD, hergestellt vom WDR in Zusammenarbeit mit der Vincent TV GmbH.

Redaktion: Hans-Georg Kellner

Pressekontakt:

Agnes Toellner, Presse und Information Das Erste,
Tel: 089/5900 3876, E-Mail: agnes.toellner@DasErste.de

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