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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Urteil im Fall Zumwinkel

Bielefeld (ots)

Wer spricht jetzt noch von Klaus Zumwinkels
Erfolgen? Dabei hat der »Manager des Jahres 2003« etwas geschafft, 
das vorher unmöglich erschien: Er führte die Deutsche Post und die 
frühere DDR-Post aus tiefroten Zahlen in die Profitabilität. Nun aber
wird sein Name künftig vor allem mit Steuerhinterziehung 
zusammengebracht. Mitleid ist nicht angebracht. Zumwinkel hat sich 
den Ansehensverlust einzig und allein selbst zuzuschreiben.
Das Bild des hanseatischen Kaufmanns, der einzig und allein das Wohl 
des Unternehmens im Blick hat, hatte allerdings schon vorher einen 
Knacks bekommen. Im Dezember 2007 hatte sich der damalige Konzernchef
von Post-Aktien im Wert von fast fünf Millionen Euro getrennt. 
»Zufällig« notierten die Papiere gerade auf dem Höchstkurs, weil 
Zumwinkel einen hohen Mindestlohn durchgesetzt und damit die private 
Konkurrenz größtenteils aus dem Rennen geboxt hatte. Während des 
Prozesses wurde bekannt, dass Zumwinkel entgegen des äußeren 
Eindrucks sehr wohl auch die schönen Dinge des Lebens wie einen 
Porsche-Sportwagen und eine Jahrhunderte alte Burg über dem 
italienischen Gardasee zu schätzen weiß.
Dies aber ist weder verboten noch ehrenrührig - ganz im Gegensatz zur
Steuerhinterziehung in Millionenhöhe mit Hilfe einer Stiftung in 
Liechtenstein. Zumwinkel nennt die Tat den »größten Fehler meines 
Lebens«. Dieser Selbsteinschätzung ist kaum etwas hinzuzufügen. 
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt - schon gar nicht, wenn 
es mit soviel krimineller Energie verbunden ist. Der frühere 
Post-Chef hat sogar das Angebot des damaligen Finanzministers Hans 
Eichel auf Amnestie vorbeiziehen lassen.
Richter Wolfgang Mittrup hat Zumwinkel einen kurzen, aber fairen 
Prozess gemacht. Gegen das Urteil inklusive Geld- und zweijähriger 
Bewährungsstrafe ist nichts einzuwenden. Zumwinkel selbst hat durch 
sein Geständnis und Reue den Weg dorthin geöffnet. Er hat weitgehend 
darauf verzichtet, den Journalisten-Auflauf bei der ersten Razzia 
oder den Erwerb der Daten-CD durch den deutschen Staat zu nutzen, um 
sich selbst zum Opfer zu stilisieren. Nur ein Mal sprachen die 
Verteidiger in Verkennung der Bedeutung dieses Wortes von einer 
»medialen Hinrichtung«.
Man darf Zumwinkel abnehmen, dass der Ansehensverlust in der 
Öffentlichkeit für ihn die größte Strafe bedeutet. Was den anderen 
Teil des Urteils betrifft, so verlässt der Ex-Manager den 
Gerichtssaal trotz Millionenstrafe und vorangegangener Rückzahlungen 
in mehrfacher Millionenhöhe nicht als armer Mann. Er wird den 
Lebensabend in Freiheit verbringen; aber er wird die Freiheit nicht 
mehr recht genießen können.
Das ausgewogene Urteil bietet keinen Ansatzpunkt für die so beliebte 
Kritik, dass die Justiz bei den »Großen« der Gesellschaft gern ein 
Auge zudrückt. Schon gar nicht erlauben die Aufklärung und der 
Prozess die ebenfalls beliebte These, »die da oben« seien doch 
sowieso alle korrupt oder Verbrecher. In Bochum wurde der große 
Fehler eines großen Managers richtig und gerecht abgeurteilt.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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