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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Rechtschreibreform

Bielefeld (ots)

Die Rechtschreibreform ist zehn Jahre alt. Ein
Anlass, »Herzlichen Glückwunsch!« zu rufen, ist das nicht. Für den 
Buchhandel war und ist die Schreibverwirrung ein Geschäft, weil die 
Verlage millionenfach Ratgeber verkaufen. Viele Deutsche halten die 
Korrekturen für ein Ärgernis, für so überflüssig wie einen Kropf. Die
Gesundheitsreform der deutschen Sprache ist gescheitert, an ihr wird 
auch nach zehn Jahren noch herumgedoktert. Die Schweizer 
Orthographische Konferenz hält weitere Nachbesserungen für 
unerlässlich. Gehen also die Reparaturarbeiten weiter?
Korrekt zu schreiben sollte einfacher werden: Mit diesem Ziel gingen 
Germanisten und die Kultusminister damals daran, die deutsche Sprache
von Ungereimtheiten zu befreien. Es begann ein Kahlschlag. Dafür, 
dass Betttuch mit drei »t« und dass mit zwei »s« geschrieben werden 
sollen, haben die meisten Deutschen Verständnis. Aber für das 
willkürliche Auseinanderreißen von Wortverbindungen gilt das nicht. 
Beispiel »zusammen tragen«: Es ist ein Unterschied, ob zusammen 
tragen meint, dass jemand Informationen oder Modellautos sammelt, 
oder ob es bedeuten soll, dass mehrere Menschen einen Schrank 
gemeinsam schleppen. Die alte Zusammenschreibung war die bessere 
Lösung.
Nach dem Kahlschlag folgte die Neuanpflanzung des alten Saatguts. Der
Rechtschreibrat um den früheren bayerischen Kultusminister Hans 
Zehetmair brachte durch die Rückbesinnung auf Altbewährtes wieder 
mehr Vernunft in den Rechtschreibwahnsinn. Dennoch ist die 
Verunsicherung weiter groß. Wie die Forschungsgruppe Deutsche Sprache
herausfand, stieg die Fehlerquote in Aufsätzen von Viertklässlern und
in Diktaten von Gymnasiasten deutlich an. Damit haben die 
Rechtschreibreformer ihr Ziel verfehlt. Wenn es ums Schreiben geht, 
müssen die Deutschen heute öfter im Duden nachsehen als früher.
Das Flickwerk leistete der Beliebigkeit Vorschub. »Ich schreibe so, 
wie ich will«: So denken immer mehr Deutsche. Wenn Personalchefs über
haarsträubende Schnitzer in den Bewerbungen um Lehrstellen klagen, 
dann ist das auch auf die zersetzende Wirkung der Rechtschreibreform 
zurückzuführen.
Während Ältere, die Sprache als hohen Wert ansehen, auf Korrektheit 
bei Rechtschreibung und Formulierungen achten, bekommen sie im 
Gegenzug Briefe von ihren Enkeln, die von großer sprachlicher 
Gleichgültigkeit zeugen. Ohnehin möchten viele Jugendliche am 
liebsten nur noch SMS schreiben, auf dem Handy regiert der 
Abkürzungswahn.
Mehr als zehn Jahre lang streiten die Deutschen schon über die 
Rechtschreibung, die am 1. August 2007 endgültig in Kraft trat. Nach 
der langen Zeit ist sie immer noch unausgegoren. Aber wir müssen wohl
die Mängel akzeptieren, denn eine neuerliche Reform der Reform wäre 
für die Schüler und auch ihre Lehrer unzumutbar. Lieber ein Ende mit 
Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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