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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Fußballspiel Türkei - Deutschland

Bielefeld (ots)

Kopftuchstreit, drohendes Verbot der
islamisch-konservativen Regierungspartei AKP, neue Kämpfe mit 
kurdischen Rebellen: Die Türkei müsste sich derzeit wirklich um 
andere Dinge sorgen als um den Ausgang des Halbfinales bei der EM 
2008 gegen Deutschland. Doch Bern 1954 lässt grüßen: Nicht nur 
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (»So wie die Türkei bei der 
Europameisterschaft mit farbenfroher Begeisterung aufgetreten ist, 
kann sie in der EU positive Effekte haben«) wünscht sich weitere 
Wunder in Basel und Wien. Auch seine Landsleute am Bosporus und im 
Land des Gegners wollen mit einem Sieg auf dem Rasen beweisen: Wir 
sind wer. Oder: Wir sind auch noch da.
Mehr als zwei Millionen Türken leben in Deutschland; damit stellen 
die Türken die größte Zuwanderergruppe. Doch nicht überall hat die 
Integration so gut funktioniert wie in Duisburg-Marxloh, wo mit 30 
der höchste Prozentsatz in der Bundesrepublik ermittelt wurde und 
sich kaum ein Deutscher an einer der größten Moscheen des Landes 
stört - im Gegenteil.
Dennoch wird sicherlich zu Recht über die mangelnde 
Integrationswilligkeit vieler Türken diskutiert, aber »ein 
Einwanderungsland wider Willen sollte sich über gelegentlich 
widerwillige Einwanderer auch nicht wundern«, meint der renommierte 
Migrationsforscher Klaus J. Bade. Schon 1979 warnte der erste 
Bundesausländerbeauftragte Heinz Kühn seine Landsleute vor mangelnder
Integrationsförderung. Die wurde erst 2005 mit dem Zuwanderungsgesetz
zur staatlichen Aufgabe erklärt.
 Doch wie groß die Normalität mittlerweile wirklich ist, wird sich 
morgen Abend zeigen. Marktschreierische Quertreiber gab es bis 
gestern wenige. »Hürriyet« zum Beispiel schrieb am Tag vor dem Spiel:
»Unsere Probleme werden uns gegen die (deutschen) Panzer nicht 
behindern.«
Mag auch sein, dass die türkische Nationalmannschaft, wie 
Nobelpreisträger Orhan Pamuk behauptet, »eine Maschine zur Produktion
von Nationalismus, Fremdenhass und autoritärem Denken« ist.
 Doch die Ansteckungsgefahr am Bazillus Chauvinismus ist bei den 
Beteiligten und den Fans äußerst gering. Hamit Altintop betonte, dass
er Deutschland alles verdanke, Jens Lehmann unterstrich seine 
Affinität zur Türkei, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hofft, 
dass »nicht nur die bessere Mannschaft gewinnen möge, sondern auch 
die deutsch-türkische Freundschaft«. Bundesaußenminister Frank-Walter
Steinmeier (SPD) sprach die Hoffnung aus, dass »keiner den Versuch 
unternimmt, eine fröhliche Party zu stören«.
Raki oder Korn, Döner oder Currywurst - egal, was nach dem Ende des 
Halbfinales die Sieger den Verlierern auch auf der wiedereröffneten 
Fanmeile in Berlin servieren: Es kann ein Fest für den Fußball 
werden, aber auch eines für die Integration.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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