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Leitartikel von Christian Knatz zum Karlsruher Urteil

Mainz (ots)

Hier kommt es wirklich auf jedes Wort an. Das Bundesverfassungsgericht billigt die "Bundesnotbremse", ja. Es ist ein Fingerzeig für das weitere Vorgehen, gewiss. Das heißt aber weder, dass alles am "Vierten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" gut und richtig war, noch muss der Befund zeitlich unbegrenzt gelten. Um ermessen zu können, wie weit die Wirkung dieser Entscheidung reicht und wo sie endet, ist es notwendig, sich klarzumachen: Wozu dient dieses Gericht? Es prüft Rechtsnormen auf deren Vereinbarkeit mit der Verfassung. Schon hier irren manche Kritiker des Urteils, indem sie denkbar verschiedene Begriffe in eins setzen: Ja, mit der Notbremse sei in Grundrechte eingegriffen worden, sagen die Richter. Damit habe der Gesetzgeber sie aber nicht verletzt. Denn rechtens ist ein Eingriff mit Maß und Ziel, bei dem also die Grundsätze Verhältnismäßigkeit, Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit beachtet werden. All das sei im Frühjahr geschehen, finden die Roten Roben, die im Urteil dann noch sehr konkret werden: Der Schutz von Leben und Gesundheit sei sehr wohl ein legitimer Zweck, der Beschränkungen individueller Freiheitsrechte rechtfertigen kann. Grundlage seien "tragfähige tatsächliche Erkenntnisse" zur Gefährdung durch Covid-19 gewesen, schreiben die Richter und nennen zum Beispiel das Robert Koch-Institut. Auch die Kopplung der Einschränkungen an die ominöse Inzidenz hält Karlsruhe für nachvollziehbar. Mit all dem ist eben nicht gesagt, dass sämtliche Anordnungen vom 22. April richtig waren. Bei der Ausgangssperre steht sogar ziemlich fest, dass sie Unfug war; pauschale Schulschließungen wiederum gelten mit guten Gründen als Pyrrhussiege über die Pandemie. Aber genau dafür ist das Verfassungsgericht eben nicht da: der Regierung das Krisenmanagement abzunehmen und selbst zu sagen, wo es langgeht. Dass Karlsruhe an Entscheidungen des Gesetzgebers zu Corona im Prinzip nichts auszusetzen hat, bedeutet nun aber gerade nicht, dass hier ein Freibrief ausgestellt wurde. Was im Frühjahr angemessen war, muss im Winter - bei gestiegener Impfquote und neuen Erfahrungen, aber auch mehr Infizierten - nicht mehr stimmen. Wie es weitergeht, soll die Exekutive schon selbst entscheiden und sich dafür die parlamentarische Mehrheit sichern. Was sie dabei rechtlich zu beachten hat, liegt nun Schwarz auf Weiß vor.

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