Alle Storys
Folgen
Keine Story von Neue Westfälische (Bielefeld) mehr verpassen.

Neue Westfälische (Bielefeld)

Urteil im Mordfall Walter Lübcke
Der Feind steht rechts

Bielefeld (ots)

Florian Pfitzner¶

Das Gericht hat im Fall Walter Lübcke angemessene Entscheidungen getroffen. Der Hauptangeklagte Stephan Ernst wurde wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, es wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, die Sicherungsverwahrung vorbehalten.

Zugleich liegt in dem Urteil eine Enttäuschung. Der Mitangeklagte Markus H. ist nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden - ein Jahr und sechs Monate wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Ursprünglich war H. wegen Beihilfe zum Mord angeklagt gewesen.

Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni 2019, wenige Tage nach dem 70. Jahrestag unseres Grundgesetzes, auf der Terrasse seines Hauses in Wolfhagen erschossen. Der Kasseler Regierungspräsident galt in extrem rechten Kreisen als Hassfigur, weil er sich für die Aufnahme von geflüchteten Menschen eingesetzt hat. Lübcke sprach nicht nur über Werte, er stand für sie ein.

Dafür musste er als Staatsvertreter einiges über sich ergehen lassen. Menschen beschimpften ihn im Internet als "Volksverräter" und "Schädling", wünschten ihm offen den Tod - dann schlich sich Stephan Ernst auf seine Terrasse.

Mit Walter Lübcke wurde zum ersten Mal ein politischer Repräsentant des Staates aus rechtsextremistischen Motiven getötet. Die Bundesregierung reagierte nach der Tat, Hass im Internet soll nicht nur gelöscht, sondern streng verfolgt werden. Ein wichtiges Zeichen bei der Verteidigung der Demokratie.

Die Bundesanwaltschaft wird wegen des Freispruchs des Hauptangeklagten im Fall des Messerangriffs auf einen irakischen Flüchtling und des Freispruchs für den Mitangeklagten von der Mittäterschaft am Lübcke-Mord in Revision gehen. Aus dem Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag werden neue Erkenntnisse hervorgehen. Was aufgeklärt werden muss, sind mögliche Verbindungen der Täter zu extrem rechten Netzwerken, zur AfD und zur Identitären Bewegung.

In der Vergangenheit hat sich die Politik angesichts des rechten Terrors nicht selten schwergetan, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Gezeigt hat das etwa der NSU-Untersuchungsausschuss in Nordrhein-Westfalen. Die gemeinsamen Handlungsempfehlungen wurden bislang längst nicht umgesetzt.

Sie sei "stolz auf unsere Demokratie", sagte Charlotte Knobloch beim Holocaust-Gedenken im Bundestag, "auch wenn ich sie mir - das ist kein Geheimnis - wehrhafter wünsche." Mehr gibt es nicht zu sagen.

Pressekontakt:

Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

Original-Content von: Neue Westfälische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Neue Westfälische (Bielefeld)
Weitere Storys: Neue Westfälische (Bielefeld)
  • 28.01.2021 – 06:00

    Zahl der Rocker in NRW sinkt

    Bielefeld (ots) - Bielefeld. Das Landeskriminalamt (LKA) in NRW zählt immer weniger Rocker. Insgesamt wird die Zahl auf insgesamt 1.960 Personen beziffert, wie das LKA der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Donnerstagausgabe) mitteilte. Vor gut sechs Monaten waren es noch knapp über 2.000 Mitglieder, die den Gruppen Hells Angels, Bandidos, Gremium, Freeway Riders, Brothers und Outlaws zugerechnet werden. Doch trotz sinkender Zahlen warnt das LKA weiterhin: ...

  • 27.01.2021 – 09:37

    Kampf gegen Antisemitismus - Zentralrat der Juden verlangt mehr Engagement von NRW

    Bielefeld (ots) - Bielefeld. Der Zentralrat der Juden hat Nordrhein-Westfalen aufgefordert, mehr Engagement im Kampf gegen Antisemitismus zu zeigen. In einem Gespräch mit der Neuen Westfälischen (Mittwochausgabe) sagte Ran Ronen, Dezernent für Sicherheit im Präsidium des Zentralrates der Juden, angesichts der steigenden antisemitischen Gewalt müsse "auch in NRW ...

  • 26.01.2021 – 21:05

    Antisemitismus in Deutschland¶ Ein Armutszeugnis¶

    Bielefeld (ots) - Florian Pfitzner¶ Auschwitz ist der größte Friedhof der Welt" - mit diesen Worten wurde der Holocaust-Überlebende Siegfried Heilig oft zitiert. Heilig starb vorgestern im Alter von 86 Jahren; er hat Tausende Jugendliche über den Holocaust aufgeklärt.Man kann nie genug aufklären. Jüngster Beleg: Vor wenigen Monaten wurde in Hamburg ein Mann mit Kippa vor einer Synagoge mit einem Klappspaten ...