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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Europas Super-Wahlsonntag "Merkande" kommt näher KNUT PRIES, BRÜSSEL

Bielefeld (ots)

Wenn die Umfragen nicht trügen, wird Frankreich demnächst von einem Sozialisten regiert. Gewinnt François Hollande die Präsidentschaftswahl, hätte er das auch dem Schlingerkurs zu verdanken, mit dem Amtsinhaber Sarkozy das Land durch die Finanzkrise steuerte: rhetorisch oft gegen die Vorgaben Angela Merkels, praktisch meistens auf derselben Linie. In Griechenland wird der Widerstand gegen die Politik des Sparens und Schrumpfens die Zusammensetzung des neuen Parlaments bestimmen. Seit zwei Jahren sind in der EU Wahlen Volksabstimmungen über das Krisen-Management der Regierungen. Doch noch nie hatten nationale Urnengänge so große Bedeutung wie an diesem europäischen Superwahlsonntag. In der Regel haben die Bürger den Daumen gesenkt (Ausnahme: Polen) und ihre amtierenden Regierungen abserviert. Der Druck kommt aber nicht nur von unten, sondern genauso von außen - von den Märkten, den europäischen Institutionen und den EU-Partnern, das mächtige Deutschland an der Spitze. Griechen und Italiener sahen sich genötigt, ihre Regierungen auszutauschen, ohne den Souverän zu fragen. Am Sonntag hat der das Wort. Auf die Börsen wird er keine Rücksicht nehmen. Dass der erwartete Sieg von Hollande dort auf die Stimmung drückt, gilt als ausgemacht, auch wenn die Händler Zeit hatten, den Missmut über die Versprechungen des linken Kandidaten - sinkendes Renteneintrittsalter, Reichen-Steuer, neue Jobs im öffentlichen Dienst - einzupreisen. Bei den Partnern und EU-Institutionen sorgt man sich wegen Hollandes Vorbehalten gegen den Fiskalpakt, der nach deutschem Modell für Haushaltsdisziplin sorgen soll. Aus dem bürgerlichen Lager kommen düstere Prophezeiungen. "Am Sieg wird Hollande nicht lange Freude haben", unkt ein deutsches Regierungsmitglied. Eine ruhige Lernphase werden die Märkte Hollande nicht gönnen. Hinter den schwarzen Szenarien steht die Hoffnung, Hollande werde nach dem Einzug in den Élysée-Palast viele seiner Verheißungen gleich wieder einpacken. Die Signale nach Hollandes Sieg in der ersten Runde deuten auf eine etwas andere Entwicklung hin. Nicht nur in Berlin stellt man sich darauf ein, dass die nächste Etappe der Krise nur zu bewältigen ist, wenn man den neuen starken Mann in Paris nicht brüskiert. Im Übrigen, wettet ein führender EU-Sozialdemokrat, werde Berlin sofort alle ideologischen Bedenken fahren lassen und dem bedrängten Partner beistehen, sollten die Märkte tatsächlich Frankreich aufs Korn nehmen. Das alles mag reichen, um aus "Merkozy" rasch "Merkande" zu machen und mit einem Wahlsieger Hollande pragmatische Gemeinsamkeit zu organisieren. Völlig unübersichtlich ist aber die weitere Entwicklung in Griechenland. Dort schickt sich der Wähler an, beide traditionell führenden Parteien abzustrafen. Eine stabile politische Basis, die das Volk von der Notwendigkeit der bevorstehenden zusätzlichen Einschnitte überzeugt, ist nicht in Sicht.

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