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Mittelbayerische Zeitung: Bayern bebt - und steht von Claudia Bockholt

Regensburg (ots)

Im christsozialen Bayern hat die Erde gebebt - doch es liegt nicht in Schutt und Asche. Schlimme, aber nicht die schlimmsten Befürchtungen der - nun muss man sagen: ehemaligen - Staatspartei CSU sind wahr geworden. Dass die absolute Mehrheit unerreichbar sein würde, war klar. Die Demoskopen sahen Söder und seine Parteifreunde aber zuletzt sogar im völlig freien Fall. 32 Prozent und weniger schienen möglich. Nun wurde die Partei zwar brutal abgestraft, aber nicht massakriert. Das verdankt sie ironischerweise den miesen Umfrageergebnissen und Spekulationen über mögliche Koalitionen. Bayern in den Händen eines zusammengewürfelten, in Regierungsgeschäften unerfahrenen Bündnisses aus Grünen, SPD, Freien Wählern und FDP - das war selbst für enttäuschte Konservative eine zu beunruhigende Vorstellung. Im Freistaat schätzt man Stabilität. Seit Wochen blicken Politiker und Medien bundesweit gebannt nach Bayern. Von einer Schicksalswahl, von einer historischen Wahl war - mal hämisch, mal sorgenvoll - die Rede. Als hinge nicht nur die Zukunft des Freistaats am Abschneiden der CSU. Und wirklich: Es bröckelt ja überall. Bundesweit kommt die Union noch auf 26 Prozent. Da müssen Schuldige her. Zuletzt schoss Volker Bouffier von Hessen aus scharf Richtung CSU. Er machte sicherheitshalber schon einmal die Schwesterpartei für das wohl noch schlechtere Abschneiden seiner CDU verantwortlich. Eine kuriose Verdrehung der Tatsachen, denn laut BR-Umfrage sehen die Bayern in Angela Merkel die Hauptverantwortliche für den desolaten Zustand der Bundesregierung und nicht in Horst Seehofer. 68 Prozent sind unzufrieden mit der Politik der GroKo. Es ist also noch zu klären, ob das Epizentrum in München oder nicht doch in Berlin liegt. Bayern hat gebebt, aber alles ist noch am Platz. Es ist an der Zeit, ruhig durchzuatmen, sich zu sortieren und nach vernünftigen Koalitionen zu suchen. Mit den Grünen dürfte es schwierig werden. Angefangen bei den beiderseits heftig geführten Attacken während des Wahlkampfs über Abschiebepraxis und 10-H-Regel für Windräder bis hin zum Polizeiaufgabengesetz - in dieser Allianz müssten beide Partner unverdaulich große Kröten schlucken. Wahrscheinlicher und pragmatischer ist ein Bündnis aus CSU und Freien Wählern. Hier sind die Schnittmengen am größten. In der Flüchtlingspolitik verfechten beide einen harten Kurs. Mangels offensichtlicher Unterschiede wetteiferten Hubert Aiwanger und Markus Söder im Wahlkampf vor allem darum, wer die meisten Wohltaten unters Wahlvolk bringen darf. Dieser Köder lockt freilich kaum noch in einem Bundesland, in dem die Wirtschaft seit zehn Jahren schnurrt, nahezu Vollbeschäftigung herrscht und die Reallöhne nach langer Zeit wieder messbar gestiegen sind. In so properen Zeiten kann man auch mit fluffigen Slogans und Haltung Wahlkampf machen: fröhlich, gerecht, menschlich. Die Grünen steigen damit gerade zur moralischen Volkspartei auf - ganz ohne kreuzkatholischen Erlass. Auswirkungen des Bebens im Süden werden noch zu spüren sein, wenn Natascha Kohnen, die die SPD in die Bedeutungslosigkeit führte, und CSU-Chef Horst Seehofer längst politische Geschichte sind. Markus Söder, dessen Beliebtheitswerte in Bayern zuletzt wieder stiegen, wird zunächst für Koalitionsverhandlungen gebraucht. Er hat nur wenige Wochen Zeit, dauerhafte Stabilität herzustellen. Vorher werden die Abgestraften und Verlierer dieser Wahl ihre Wunde lecken. Das muss sein, denn es desinfiziert. Dann ist es Zeit, nach vorne zu schauen. Eine optimistisch stimmende Nachricht gibt es ja auch: Die Wahlbeteiligung ist gestiegen. Die Demokratie im Land hält einige Erschütterungen aus.

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