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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg/Samstag), Leitartikel zu Parteienverbot/NPD

Regensburg (ots)

Es gilt als die schärfste Waffe der Demokratie. Das Schwert des Parteiverbotes, fest in den Händen des Bundesverfassungsgerichtes, zeigte mit seiner Spitze in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mal auf rechts- oder linksextremistische Parteien. Und wurde doch 60 Jahre lang nicht genutzt. Nun deutet es - wieder - auf die NPD. Am Dienstag wird sich zeigen, ob es die Richter in Karlsruhe für möglich und für geboten halten, diese Waffe einzusetzen. "Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig", heißt es in Artikel 21 des Grundgesetzes. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Richter dies bei der NPD als gegeben ansehen, gilt als hoch. Doch die Partei hat bereits damit gedroht, im Falle eines Verbotes vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu ziehen. Dass sie damit Erfolg hätte, ein mögliches Verbot also wieder aufgehoben werden müsste, ist nicht unwahrscheinlich, denn der EGMR legt nach der bisherigen Rechtsprechung die Hürde für ein Parteiverbot höher als das deutsche Grundgesetz: Die NPD müsste eine konkrete Gefahr für die freiheitliche Grundordnung darstellen, ihr Verbot ein dringendes gesellschaftliches Bedürfnis sein. Anders als noch beim Verbot der KPD 1956 ist es demnach heute nicht mehr möglich, das Parteiverbot, die schärfste Waffe der Demokratie, präventiv zu nutzen. Es darf nur noch zur Notwehr, im Ausnahmefall, eingesetzt werden. Natürlich ist das sinnvoll. Dass eine Demokratie per Definition auch demokratiefeindliche Kräfte aushalten muss, ist selbstverständlich. Und doch führt diese Rechtsprechung im Fall der NPD dazu, dass die juristische Diskussion an den für die breite Öffentlichkeit relevanten Fragestellungen vorbeigeht. Eine Partei mit knapp 5000 Mitgliedern, die keine realistische Chance auf einen Einzug in den Bundestag hat und in keinem Landesparlament mehr vertreten ist, wird nur schwer als konkrete Bedrohung des Rechtsstaats eingeordnet werden können. Doch es geht ja um viel mehr: Um die Frage, ob möglicherweise verfassungsfeindliche Aktivitäten einer Partei durch die öffentliche Parteienfinanzierung unterstützt werden sollen. Um die Frage, ob die Parteimitglieder hetzerische Parolen bei Aufmärschen und Demonstrationen auf Marktplätzen und durch Hauptstraßen brüllen dürfen. Ob Kinder auf dem Weg zur Schule an öffentlichen Plakatwänden ausländerfeindliche Parolen lesen sollen. Kurz: Wie viel Platz einer solchen Gruppierung im öffentlichen Raum zugestanden werden soll. Die Karlsruher Richter werden diese Fragen bei ihrer Entscheidung mitbedenken. Wie weit sie sie mit Blick nach Straßburg berücksichtigen können, ist offen. Möglich, dass sich vor diesem Hintergrund die vermeintlich schärfste Waffe der Demokratie in der Praxis als recht stumpf erweist. Möglich auch, dass die Richter diese Waffe mit neuen Kriterien zum Parteienverbot nachschärfen. Doch auch wenn die Möglichkeiten eines Parteiverbotes sich letztlich als sehr eingeschränkt erweisen sollten, so sind Verbote bei weitem nicht die einzige Waffe der Demokratie. Bislang ist es den Vertretern der NPD noch in jedem Parlament gelungen, sich selbst zu diskreditieren. Die NPD spielt auch deshalb auf politischer Ebene kaum noch eine Rolle. Im alltäglichen Leben in vielen Gemeinden allerdings noch immer. Aber demokratie- und menschenfeindlichem Denken in der Gesellschaft grundsätzlich entgegenzuwirken, das ist ohnehin nicht allein Sache der Justiz.

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