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Mittelbayerische Zeitung: Der Merkel-Motor - Schwarz-Rot arbeitet bislang meistens stotterfrei. Das liegt aber vor allem an der Kanzlerin. Von Christian Kucznierz

Regensburg (ots)

Nehmen wir einmal an, die große Koalition wäre ein Auto. Dann säße hinterm Steuer die CDU. Die SPD wäre auf dem Beifahrersitz und würde mit dem Navi kämpfen oder sich beschweren, dass der Koalitionspartner Krümel auf dem Sitz hinterlassen hat. Die CSU wäre auf dem Rücksitz und würde nach Manier genervter Kinder Fahrer und Beifahrer mit den Füßen ins Kreuz treten. Aber das alles wäre nicht so schlimm, weil unter der Haube der Merkel-Motor liefe: permanent im optimalen Bereich, selten hochtourig, aber selbst dann: stotterfrei und zuverlässig. Fraglich nur, was geschieht, sollte der mal ausfallen. Allen Kritikern zum Trotz: Schwarz-Rot funktioniert. Der Koalitionsgipfel, der am Dienstagabend im Kanzleramt stattfand, ist ein weiterer Beweis dafür, und er ist auch bezeichnend in der Art, wie er stattgefunden hat: sensationslos. CDU/CSU und SPD machen ihre Probleme untereinander aus. Und wenn sich keine sofortige Lösung findet, präsentiert man zumindest einen Fahrplan. Das ist zwar dasselbe, wie Probleme zu vertagen, klingt aber besser. Und es ist um Welten besser, als sich unter Koalitionspartnern als "Wildsau" oder "Gurkentruppe" zu bezeichnen, wie das unter Schwarz-Gelb der Fall war. Sicher: Das ist wenig spektakulär. Es hat sogar so überhaupt keinen Sex-Appeal. Aber es ist eben effizient. Wer will, der kann kritisieren, dass die Einigung auf die Mietpreisbremse nichts anderes ist als das, was ohnehin Beschlusslage war. Und dass das daher auch schneller gegangen wäre. Man kann auch sagen, dass der Streit um den bürokratischen Aufwand beim Mindestlohn nicht gelöst ist oder dass sich bei diesem Thema zeigt, wie wenig Union und SPD ihrem Wesen nach gemeinsam haben. Aber mit dem Bruch der Koalition hat noch keiner gedroht.Warum auch? Merkel ist die Unverzichtbare. Das gilt international ohnehin, und das hat sich in ihrem Einsatz für eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise gezeigt. Im eigenen Land ist sie der Garant dafür, dass die Menschen ihr Kreuz bei der Union machen, zumindest auf Bundesebene. Das dürfte auch noch länger der Fall sein, denn innerhalb von CDU/CSU gibt es niemanden von ihrem Format. In der SPD auch nicht. Beide, Union und Sozialdemokraten, profitieren von der Stärke und Strahlkraft der Kanzlerin. Und auch wenn es einmal hakt: Die SPD kann nicht allein. Rot-Rot-Grün wird Parteichef Gabriel noch lange nicht durchboxen können. Schwarz und Rot leben in einer Zweckehe. Das ist für die Genossen weitaus schwieriger als für die Union, weil es ihre Chancen, sich zu profilieren, schmälert. Aber besser ein wenig mitregieren, als gar nicht. Die Worte von Ex-Parteichef Müntefering gelten weiterhin: "Opposition ist Mist." Weil aber die Zweckehe nur dadurch funktioniert, dass das verbindende Element die Strahlkraft der Kanzlerin ist, hat mittelfristig die Union ein Problem: Wenn Merkel einmal nicht mehr mag oder kann, steht die Partei mit leeren Händen da. Der Kohl-Erbin sollte das Schicksal ihrer Partei nach Jahren einer Solo-Performance Mahnung sein. Derzeit braucht sie sich keine Sorgen zu machen. Das schwarz-rote Mobil läuft auf Erfolgskurs. Wie gesagt, nicht sehr sportlich, nicht sehr schick. Aber effektiv. Und die quengelnden Kinder auf dem Rücksitz? Die sind der einzig wirklich störende Faktor. Sie werden so lange weiternerven, bis sie bekommen, was sie wollen. Oder zumindest eine Entschädigung dafür, dass am Ende doch zwei neue Stromtrassen durch den Freistaat gezogen werden. Denen hatte CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer zwar bereits zugestimmt. Aber so ist das nun mal mit Quälgeistern.

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