Alle Storys
Folgen
Keine Story von Mittelbayerische Zeitung mehr verpassen.

Mittelbayerische Zeitung

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Rentenreform: Der große Renten-Betrug von Stefan Stark

Regensburg (ots)

Union und SPD greifen den Arbeitnehmern für teure Wahlgeschenke tief in die Tasche.

Es ist eine der frechsten Mogelpackungen, die jemals von einer Bundesregierung zusammengestellt wurde: Das große Rentenpaket, das Arbeitsministerin Andrea Nahles gestern mit der Beschriftung "politische Wohltaten" ins schwarz-rote Schaufenster stellte. Höhere Mütterrenten, früherer Ruhestand für Facharbeiter, mehr Geld für Erwerbsgeminderte - alles, was die große Koalition aus dem Füllhorn gießt, klingt ja zunächst sozial und gerecht. Die nachträglichen Wahlgeschenke, die Union und SPD jetzt verteilen, werden aber durch etwas erkauft, das man als Betrug bezeichnen kann. Nahles hat eine finanzielle Zeitbombe gelegt, die erst hochgehen wird, wenn diese Bundesregierung längst nicht mehr im Amt ist. Diese Rentenreform ist in Wahrheit eine Umverteilungsorgie, bei der die Lasten einseitig auf die Schultern der üblichen Verdächtigen verteilt sind. Zur Finanzierung bittet die Regierung ausschließlich die Beitragszahler zur Kasse - sowie die Rentner von morgen. Freiberufler, Beamte, aber auch Reiche, die von Vermögens- oder Mieteinkünften leben, sind fein raus. Gewiss gibt es für die Mütterrente gute Argumente. Grundsätzlich ist es begrüßenswert, die Erziehungsarbeit von Frauen (warum eigentlich nicht die von Männern?) zu belohnen. Aber das muss dann eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, die von allen finanziert wird - ausschließlich aus Steuermitteln. Doch der Steuerzuschuss von zusätzlich bis zu zwei Milliarden Euro, zu dem sich Finanzminister Wolfgang Schäuble jetzt breitschlagen ließ, ist angesichts der Gesamtkosten von bis zu 60 Milliarden Euro allein bis zum Jahr 2020 ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Erklärung für Schäubles Geiz liegt auf der Hand: Würde er mehr herausrücken, müsste er entweder weitere Schulden machen oder sofort die Steuern erhöhen - was Kanzlerin Angela Merkel vor der Wahl zum großen Tabu erklärt hatte. Also bürdet die Koalition der im Augenblick noch gut gefüllten Rentenkasse eine versicherungsfremde Leistung in Milliardenhöhe auf - nach dem Motto: Im Augenblick tut das noch keinem wirklich weh. Doch in Wahrheit greift die Bundesregierung Arbeitnehmern wie auch Arbeitgebern bereits in diesem Jahr tief in die Tasche, weil sie ihnen die eigentlich wegen der hohen Rentenrücklagen fällige Beitragssenkung vorenthält. Und spätestens 2018 - pikanterweise ein Jahr nach der nächsten Bundestagswahl - wird die Rekordreserve von derzeit über 30 Milliarden Euro dahingeschmolzen sein. Von da an wird ein Heulen und Zähneklappern durchs Land gehen: Entweder steigt dann der Steuerzuschuss, der bereits jetzt insgesamt über 80 Milliarden Euro im Jahr beträgt. Oder die Regierung erhöht den Rentenbeitrag - möglicherweise noch stärker, als bislang geplant. Als dritte Variante kämen dauerhafte Nullrunden oder sogar eine Senkung der Altersbezüge in Betracht - für die künftige Rentner-Generation, die derzeit in Lohn und Brot steht und die von Jahr zu Jahr stärker gemolken wird. Das wäre dann der absolute Gipfel der Ungerechtigkeit. Fatalerweise senden alle diese Rentenszenarien Horror-Signale an die Jüngeren, die sich schon heute nichts mehr von der gesetzlichen Rentenversicherung erwarten. Die Rentenreform der großen Koalition ist ein Lehrstück dafür, dass schwarz-rote Politik wie ein Basar für Klientelpolitik funktioniert. Die Union hat ihre Mütterrente bekommen, die SPD ihre Rente mit 63. Dabei leistet ausgerechnet der Neueinstieg in die Frühverrentung einen schädlichen Beitrag. Dass die Wirtschaft brummt und Steuer- sowie Beitragseinnahmen sprudeln, liegt auch an der Rekordzahl von älteren Beschäftigten. Für eine vermeintliche soziale Wohltat würgt Schwarz-Rot diesen Boom nun ab. Die große Koalition verteilt freigiebig Geschenke, als ob das Geld auf den Bäumen wächst. Doch die Penunzen müssen erst einmal erwirtschaftet werden - von immer weniger Beschäftigten.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Mittelbayerische Zeitung
Weitere Storys: Mittelbayerische Zeitung