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Mittelbayerische Zeitung: Angela im Wunderland Mit ihrem Programm öffnet die Union das Füllhorn. Wie die Wohltaten finanziert werden, ist unklar. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

In die ehemaligen Ost-Berliner Opernwerkstätten, wo einst Kulissen gezimmert wurden, haben die Unions-Parteien gestern ein paar Hundert Funktions- und Mandatsträger eingeladen. An der Stelle, wo auch Bühnenbilder für Franz Lehars gleichnamige Operette entstanden, probierten die Merkel, Seehofer und Co. eine Art Aufführung vom "Land des Lächelns". Das etwas großspurig als "Regierungsprogramm" titulierte 127-Seiten Epos der Union ist die Wohlfühl-Ankündigung eines "Weiter so, mit Mutti!" Mit ihrem Wahlprogramm haben nun auch CDU und CSU das Füllhorn sozialer Wohltaten geöffnet. Allen soll es besser gehen, keinem schlechter. Mehr Geld für Familien und Kinder. Mehr Lohn für Geringverdiener, wenn sich die Tarifpartner darauf einigen. Mehr Geld für Normalverdiener, denen endlich der Steuerbauch operiert werden soll. Mehr Rente für Mütter. Mietpreisbremse und Schutz vor Altersarmut. Gleichzeitig wird Vermögenden und Erben versprochen, dass sie nicht mehr an den Fiskus abführen müssen. Das alles klingt wie Angela im Wunderland. Offenbar setzt die Union auch bei der Finanzierung all der schönen Ankündigungen auf ein Wunder. Denn wie die milliardenschweren Wahlversprechen finanziert werden sollen, lassen die Schwesterparteien einfach offen. Irgendwie wird's schon gehen. Und überhaupt: Wir haben ja die Kanzlerin. Und Angela Merkel hielt sich gestern in den Opernwerkstätten gar nicht mit derlei Kleinigkeiten auf. Hauptsache die Inszenierung stimmte. Interessant auch, dass Angela Merkel und Horst Seehofer auf die derzeitigen Koalitionspartner in Berlin und in München kaum noch eingingen. Schwarz-Gelb, vor vier Jahren noch der Wahlkampfschlager der späteren Regierungspartner, wird schon lange nicht mehr beschworen. Die ausgezehrte Koalition taugt offenbar nicht einmal mehr als Wahlkampf-Hit. Insofern ist die harsche Kritik der Liberalen am Unions-Programm "Freibier für alle", verständlich. Freilich geht es in der Politik nicht um enttäuschte Liebe, nicht um große Empfindungen, sondern vor allem um die Macht im Land. Und auf diesem Feld ist die lange von vielen unterschätzte kühle Physikerin der Macht zurzeit ziemlich konkurrenzlos. Merkel räumt ungeniert Themen von anderen Parteien ab, kopiert die Mietpreisbremse der SPD oder improvisiert beim Mindestlohn, den einst die Linke auf die Agenda schob. So einfach, so souverän kann Wahlkampf sein. Wenn man die Macht hat und das Ansehen und das Vertrauen einer hinreichend großen Zahl von Wählern. Hat Angela Merkel vor vier Jahren noch einen Koalitionswahlkampf geführt, geht es ihr heuer nur noch um den puren Machterhalt. Und da ist es dann eigentlich egal, was im Wahlprogramm steht und wer mit und unter ihr regiert. Ob wieder der geschmeidige FDP-Rösler oder der kantige SPD-Gabriel, vielleicht sogar der unglückliche Steinbrück. CSU-Chef Horst Seehofer gibt in dieser Konstellation nicht den brüllenden bayerischen Löwen, sondern das handzahm schnurrende Kätzchen. Nicht einmal von der Pkw-Maut, einem Lieblingsprojekt der Christsozialen, ist mehr die Rede. Die neue Eintracht zwischen München und Berlin hat mit der wechselseitigen Abhängigkeit zu tun. Vergeigt Seehofer die Bayern-Wahl, wäre das eine schlechte Vorlage für Merkel. Andererseits braucht die CDU die Kanzlerin als Wahlkampflokomotive.

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