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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Thomas Spang zum Obama-Besuch in Deutschland

Regensburg (ots)

Barack Obama kommt fast auf den Tag genau 50 Jahre nach John F. Kennedy in die deutsche Hauptstadt. Ein historisches Datum, das die Planer des ersten offiziellen Deutschlandbesuchs des amtierenden US-Präsidenten gewiss im Auge hatten. Es markiert die engen Bande der transatlantischen Partner, die Kennedy zwei Jahre nach dem Mauerbau mit dem berühmten Satz "Ich bin ein Berliner" in das kollektive Gedächtnis eingebrannt hat. Die symbolträchtige Terminwahl illustriert aber auch den Wandel, der sich seitdem vollzog. Obama wird Deutschland ein halbes Jahrhundert später vor dem Brandenburger Tor mit dem Status der "unverzichtbaren Nation" adeln. Wie kein anderer US-Präsident seit JFK fasziniert der "schwarze Kennedy" die Deutschen. Seine Beliebtheitswerte hier liegen mit fast 90 Prozent weltweit an der Spitze - trotz Guantanamo, Drohnen und NSA-Spähprogramm. Der Weltbürger im Weißen Haus verkörpert wie einst Kennedy ein modernes Amerika, das seine Macht umsichtiger gebraucht als unter dem wenig geliebten Säbelrassler George W. Bush. Seltsam kontrastiert damit, wie Transatlantiker eifersüchtig nachrechnen, dass Obama viereinhalb Jahre auf seinen Besuch in Berlin warten ließ; so lange wie keiner seiner Vorgänger. Die Reflexe und Empfindlichkeiten der transatlantischen Kaste sagen mehr über deren Vertreter aus als den tatsächlichen Stand der Beziehungen. Der Kalte Krieg ist zu Ende. Der Musterschüler von einst hat sich längst zur unumstrittenen Vormacht Europas gemausert, die keine Streicheleinheiten mehr braucht. Das Verhältnis gleicht heute dem einer reifen Ehe. Es geht unaufgeregter, gleichberechtigter und mit einer eingespielten Aufgabenteilung zu. Jeder weiß um die Stärken und Schwächen des anderen. Man braucht sich nicht zu beeindrucken, wie zuletzt bei der amerikanisch-chinesischen Paartherapie im Wüstenresort von Sunnyland. Aber es bedarf auch nicht der ständigen Rückversicherungen vom "großen Bruder". Obama ist ein Berliner ohne es sagen zu müssen. Dem Schwenk nach Asien der ersten Amtszeit, folgt nun die Rückbesinnung auf die Wertegemeinschaft mit Europa. Auch das symbolisiert der Besuch, bei dem der US-Präsident auf schnelle Verhandlungen eines transatlantischen Freihandelsabkommens drängen wird. Dabei geht es um weit mehr als den Abbau von Zöllen. Vielmehr sehen die Amerikaner in TTIP ein Projekt mit dem der Westen Standards und Normen definiert. Eine Art "Wirtschafts"-NATO, die als Bollwerk gegen das aufstrebende China dienen kann. Washington sieht im Freihandel zudem ein politisches Instrument, die Zentrifugalkräfte in Europa einzufangen. Die Amerikaner haben ein vitales Interesse an einer starken EU. Auch deshalb kommt Obama nach Berlin, dessen Bedeutung in der Euro-Krise enorm gewachsen ist. Deutschland ist wegen seiner Rolle für die Einheit Europas wichtig für die USA. Obama weiß, dass er die Kanzlerin dafür braucht. Deren Verhältnis ist ohnehin sehr viel besser als sein Ruf. In einem Interview mit TIME-Magazin verriet der Präsident 2012, er arbeite mit niemandem so eng zusammen wie mit Angela Merkel. Eine nüchterne Realpolitikerin wie Obama selbst. Verglichen mit dem Nichtverhältnis zwischen Schröder und Bush, der Verachtung Schmidts für Carter oder dem Misstrauen Adenauers gegenüber Kennedy verstehen sich die beiden Kopfmenschen blendend. Ein halbes Jahrhundert nach dem Besuch JFK's braucht es diesmal keinen Treueschwur, sondern konkrete Lösungen für gemeinsame Probleme. Von schleppendem Wachstum und Euro-Krise über Syrien, Iran und Nordkorea bis hin zu Energiefragen und Datenschutz. Die transatlantischen Partner treten sich in Berlin auf Augenhöhe gegenüber. Unverzichtbar in der Welt und in Europa.

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