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Mittelbayerische Zeitung

Mittelbayerische Zeitung: "Mittelbayerische Zeitung" (Regensburg) zu EU-Fördermitteln

Regensburg (ots)

Die Umverteiler

von Reinhold Willfurth, MZ

Wer sich die Mühe macht, die 32-seitige, eng bedruckte Liste der "Endbegünstigten" des EU-Programms "für regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" durchzulesen, kommt nicht umhin, immer wieder den Kopf zu schütteln. 576 Millionen Euro wurden via EFRE, so heißt das Programm, bayernweit in den vergangenen Jahren an Privatfirmen, Kommunen, Verbände und Freiberufler ausgezahlt. Dazu kommen noch rund 300 Millionen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Die meisten "Endbegünstigten" stammen aus der Oberpfalz, aus Niederbayern und aus Oberfranken. Und das ist gut so. Denn die Zielrichtung des Geldsegens aus Brüssel ist die Chancengleichheit für eine europäische Region, die immer noch die Nachwirkungen von 45 Jahren Eisernem Vorhang verkraften muss. Fast 900 Millionen Euro sind ein stolzer Betrag, den kaum jemand auf der Rechnung hat, wenn es um Impulse von außen für unsere Region geht. Doch was haben 500 000 Euro für Vier-Sterne-Hotels im Landkreis Cham oder im nordöstlichen Winkel des Landkreises Tirschenreuth mit dem Gemeinwohl zu tun? Sichern die Fördermillionen für den Neubau eines Backbetriebs oder ein Zentrallager für Autoersatzteile im Fördergebiet wirklich dauerhaft Arbeitsplätze und den jeweiligen Betrieb als potenziellen Gewerbesteuerzahler für klamme Grenzlandgemeinden? Oder sind das nur Subventionen für Unternehmer oder womöglich anonyme Konzerne, die das Prinzip der Mitnahmementalität verinnerlicht haben? Diesem Argwohn steht die Erkenntnis entgegen, dass die Empfänger samt und sonders in Ostbayern zuhause sind. Filialen von Großkonzernen, die ihre Zelte schnell wieder abbrechen, wenn der Laden in der Oberpfalz nicht läuft, sind von der Förderung ausgeschlossen. Das Konzept der EU, nur kleinen und mittleren Betrieben aus der Region unter die Arme zu greifen, stimmt. Dass Bildung, Forschung und Tourismus mit dem Geldsegen aus Brüssel unterstützt werden sollen, ebenso. Dass die Steuergelder aus Europa nicht immer mit Fingerspitzengefühl verteilt werden, leider auch. Denn beim Studium der Begünstigten-Liste wird man den Eindruck nicht los, dass beim Bearbeiten der Förderanträge das Gießkannenprinzip eine tragende Rolle gespielt hat. 4,4 Millionen Euro für ein vollautomatisches Zentrallager in der Oberpfalz - da kann man sich ausrechnen, wie teuer da ein angeblich sicherer Arbeitsplatz erkauft wird. Das Tanzlindenmuseum im oberfränkischen Neudrossenfeld in allen Ehren - aber man fragt sich, ob die 2,6 Millionen Euro aus der EU-Spendenkasse nicht in einem aktuellen Bildungsprojekt besser angelegt wären. Nach Verlegenheitslösung klingen auch die zahllosen Zuschüsse für Umweltberatungsprogramme in scheinbar willkürlich herausgegriffenen Firmen. Die Europaabgeordneten Manfred Weber und Ismail Ertug legen zurecht den Finger in die Wunde: Das Verteilungssystem der EU-Gelder, bislang in den Händen des in jeder Hinsicht fernen Wirtschaftsministeriums, muss regionalisiert werden. (Ober-)Bürgermeister, Landräte, Hochschulexperten aus der Region müssen mitreden dürfen bei den Förderanträgen. Auch um der Transparenz willen. Wenn ein regional dominiertes Forum über die Verteilung in der Region entscheidet, dann müssen die Empfänger auch publik gemacht werden und nicht in einer schwer auffindbaren "Transparenzliste" kleingedruckt im Internet aufscheinen. Es sind schließlich auch unsere Steuergelder, die als EFRE- oder ESF-Förderung wieder bei uns auftauchen.

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