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Mittelbayerische Zeitung: "Mittelbayerische Zeitung" (Regensburg) zu Steinbrück

Regensburg (ots)

Steinbrücks Clownereien

von Christian Kucznierz

Beppe Grillo ist ein Komiker. Deren Aufgabe ist laut Jobprofil eindeutig, komische Dinge zu machen. Das eint sie mit der Gilde der Clowns. Grillo also als Clown zu bezeichnen, ist rein technisch gar nicht so falsch. Komplizierter ist der Fall bei Silvio Berlusconi. Der ist überhaupt nicht amüsant, sondern eher ein trauriger Beleg eines sehr komischen Verständnisses von Politik, das gar nicht lustig ist. Damit aber hat er eine gewisse Gemeinsamkeit mit der Art von Clowns, deren Aufgabe es ist, der Welt den Spiegel vorzuhalten. Also auch ihn einen Clown zu nennen, ist daher in gewisser Weise sogar stichhaltig. Die Frage ist, ob es klug ist, das zu tun. Mit dieser Frage hat sich Peer Steinbrück einmal mehr nicht belastet. Es war, nach seinen Patzern und Pannen der vergangenen Monate, auch nicht anders zu erwarten. Der SPD-Kandidat hat erneut bewiesen, dass er scharf formuliert, schnell kontert - aber zu kurz denkt. Steinbrück selbst ist unfreiwillig fast schon zu einer clownesken Figur geworden. Allerdings eher von der traurigen Natur, die kein Fettnäpfchen auslässt. Ihm fehlt eine Eigenschaft, die gute Clowns und gute Politiker gemein haben: das richtige Timing. Wenig von dem, was der SPD-Mann bisher gesagt hat und was ihm später vorgehalten wurde, ist falsch. Steinbrück hat zum Beispiel vollkommen recht, wenn er bemängelt, dass die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler im Vergleich zu anderen Berufen viel zu wenig verdient. Nur kann er nicht ernsthaft glauben, dass ihm diese Äußerung nicht negativ ausgelegt wird, wenn er die Wochen davor für Schlagzeilen gesorgt hat, weil er Millionen mit Vorträgen verdient hat. Beides in Relation zu setzen und einen Politiker, einen Sozialdemokraten noch dazu, zu skizzieren, der den Kragen nicht vollkriegt, gehört zum kleinen Einmaleins der politischen Kampagnenführung. Das Problem an Steinbrück ist er selbst. Es kann nur seiner Eitelkeit und Beratungsresistenz geschuldet sein, dass er unbeirrt weiter seinen Kurs als Anti-Merkel fährt. Der hat prinzipiell seine Berechtigung. Nicht wenigen gefällt die Tatsache, dass der SPD-Herausforderer kein Blatt vor den Mund nimmt. Wo Merkel zaudert und zögert, reitet Steinbrück Attacken mit der Kavallerie und vergleicht die Schweiz mit Burkina Faso. Wo andere sich winden, sagt Steinbrück, dass er keine Lust hat, sich zu verbiegen. Das ehrt ihn. Aber das prädestiniert ihn nicht für den Posten des künftigen Regierungschefs - ganz im Gegenteil. Sicher bereichern ein paar schnoddrige Bemerkungen den von leeren, Worthülsen geprägten alltäglichen Polit-Sprech. Aber als Kanzlerkandidat hat das, was gesagt wird, ein völlig anderes Gewicht. Schnoddrigkeit schadet, wenn sie, wie im aktuellen Fall, beleidigend wird. Freilich sind einige italienische Medien und Berlusconi selbst nie zimperlich mit Deutschland oder der Kanzlerin umgegangen. Das reicht aber nicht als Rechtfertigung dafür, politische Entwicklungen in einem anderen Land abfällig zu kommentieren, auch wenn diese Entwicklungen in der Tat beunruhigend und fragwürdig sind. Entschieden haben schließlich die Wähler - und deren Entscheidung ist zu respektieren. Egal von wem. Steinbrück hat zweifelsohne viele Talente. Sein größtes derzeit ist, sich selbst und seiner Partei das Leben schwerzumachen, in dem er seine Fähigkeit zur scharfsinnigen Analyse und Formulierung zur falschen Zeit und zum falschen Zweck einsetzt. Dass er dabei ungerecht behandelt und beurteilt wird, hat er zu allererst sich selbst zuzuschreiben. Beinfreiheit schön und gut: Aber derzeit nutzt Steinbrück sie vor allem, um sich selbst ein Bein zu stellen.

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