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Mittelbayerische Zeitung: Hase und Igel Union, FDP und SPD streiten über die Rente. Am Ende ist das nur gut für alle. Leitartikel von Christian Kucznierz

Regensburg (ots)

Stellen Sie sich vor, es ist Wahlkampf und Sie haben kein Thema: So oder so ähnlich könnte es SPD-Chef Sigmar Gabriel gegangen sein, als er sich an die Arbeit zu seinem Rentenkonzept gemacht hatte. Denn, so viel ist sicher: Womit soll, womit kann die SPD derzeit bei den Wählern punkten? Mit einer Dauerkritik am Krisenmanagement der Kanzlerin, das bislang dazu geführt hat, dass Deutschland (zumindest noch) blendend dasteht, sicher nicht. Also die Rente. Dumm nur, dass die Kanzerlerinnen-Partei hier mit der SPD frei nach dem Motto des Märchens vom Hasen und vom Igel verfährt: "Ich bin schon hier." Freilich: Inhaltlich gibt es entscheidende Unterschiede zwischen den Konzepten von Ursula von der Leyen und Sigmar Gabriel. Und das Modell der Arbeitsministerin gilt in der eigenen Partei als chancenlos, weil selbst die Kanzlerin sich davon distanziert hat. Das aber musste sie. Wie immer hat Merkel zuerst andere vorgeschickt, um ein Thema zu setzen. Um dann auf den fahrenden Zug aufzuspringen. Der fährt zwar anders, als es von der Leyen geplant hatte. Aber er fährt. Und sie hat der Union eine Fahrkarte gekauft. Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass SPD-Chef Gabriel zum Herbst mit einem Rentenkonzept punkten will. Schließlich will auch er als einer von drei möglichen Kandidaten für die Kanzlerschaft in seiner Partei wahrgenommen werden. Neben dem eingangs erwähnten Punkt, dass die SPD sonst mit reichlich leeren Händen vor den Wähler getreten wäre, ist die Profilierung des Parteichefs mit der Grund für das Rentenkonzept, das selbst in seiner eigenen Partei nicht unumstritten ist. Gabriel setzt sich nicht einer internen Debatte aus, ohne sich Vorteile zu erhoffen. Nicht zufällig also hat die CDU-Arbeitsministerin noch vor dem SPD-Chef ihr Rentenkonzept präsentiert. Sie wird das nicht ohne Rücksprache mit Merkel getan haben. Soloauftritte hat diese in ihrem Kabinett bislang nicht geduldet. In der One-Woman-Show der CDU ohnehin nicht. Dass das Konzept der CDU-Arbeitsministerin Punkte enthalten wird, die unions- und koalitionsintern auf heftigen Widerstand treffen: geschenkt. Dass sie hartnäckig bleiben wird: umso besser. Schließlich wird der politische Gegner das Thema weiter beackern. Wobei sich die Frage aufdrängt, wer das eigentlich ist. Nicht nur Gabriel dürfte sich verwundert die Augen gerieben haben, als er vom Lob von der Leyens für seine Vorschläge gelesen hatte. Kein Wunder auch, dass die FDP vor Wut schäumt, laufen doch sowohl die Pläne des SPD-Chefs als auch die der Sozialministerin den Vorstellungen der Liberalen von mehr privater Altersvorsorge völlig entgegen. Die Vorwürfe, von der Leyens Konzept und ihr Lob an Sigmar Gabriel seien nichts anderes als die Vorbereitung einer großen Koalition nach der Wahl im kommenden Jahr, sind dabei nicht völlig aus der Luft gegriffen. Die Umfragen sprechen derzeit gegen eine Wiederauflage von Schwarz-Gelb. Da schadet es nicht, wenn im Vorfeld Andockmöglichkeiten für andere Koalitionspartner geschaffen werden. Dass sich von der Leyen zudem selbst als mögliche Kanzlerin einer großen Koalition ins Gespräch bringt, dürfte ihr gefallen; der Kanzlerin weniger. Aber von der Leyen weiß, dass sie gegen Merkel keine Chance hat. Und die Unions-Chefin weiß um den Wert ihrer Ministerin. Beides gilt aber nur bis auf Weiteres. Und selbst wenn die Vorschläge von Gabriel und von der Leyen vor allem dem eigenen Profil dienen, so hat die Debatte ein Gutes: Sie rückt ein drängendes Thema in den Vordergrund, das viel zu lange im Schatten der Euro-Schuldenkrise ein tristes Dasein gefristet hat. Und das über die Parteigrenzen hinaus.

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