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WAZ: Polizei verprügelt Demonstranten: Moskaus Angst vor Demokratie - Leitartikel von Florian Hassel

Essen (ots)

Das Maß an Gewalt, das die russische Polizei in
Moskau und Petersburg gegen eine vergleichsweise geringe Menge 
friedlicher Demonstranten einsetzte, mag auf den ersten Blick 
verwundern - macht aber aus Sicht des Russland regierenden Regimes 
von Präsident Wladimir Putin Sinn.
Zwar lassen die Bilder prügelnder Polizisten Russland im Ausland 
nicht gut aussehen. Doch das russische Ansehen in westlichen Ländern 
ist Moskau schon seit längerem vergleichsweise gleichgültig. Und dies
mit einiger Berechtigung: Der demokratische Westen hat in den sieben 
Jahren der
Präsidentschaft Putins schon schlimmere Vergehen - Stichwort 
Tschetschenien - ohne Konsequenz gelassen als diesmal den großzügigen
Einsatz von Schlagstöcken gegen ein paar Demonstranten ohne Lobby.
Der eigentliche Sinn der exzessiven Gewalt gegen die 
Demonstranten ist freilich, ebenso wie das an einen Bürgerkrieg 
erinnernde Polizeiaufgebot, ein innenpolitischer. Der Kreml hat seine
eigene Lektion aus den friedlichen Revolutionen in Georgien und der 
Ukraine gezogen, als nach dreisten Wahlfälschungen 
Protestdemonstrationen zügig anschwollen und die dortigen Regierungen
schnell abtreten mussten.
Das Regime will Proteste so gering wie möglich halten, mit der 
Gewalt Normalbürgern Angst einjagen und sie von der Teilnahme an 
Demonstrationen abhalten. Das gilt nicht nur für die Hauptstädte 
Moskau und Petersburg: Auch in Nischny Nowgorod prügelte die Polizei 
kürzlich schon einen Oppositionsprotest auseinander.
Zudem deutet viel darauf hin, dass der Kreml das Maß an 
Repression noch verstärken wird. Weitere Parteiverbote, etwa der 
liberalen Jabloko-Partei, sind möglich, ein Verbot der Bürgerfront 
von Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow sehr wahrscheinlich. Wie 
ernst der Kreml die Proteste nimmt und ihre Ausbreitung fürchtet, 
zeigte sich etwa in Petersburg nach einer Demonstration vom 3. März. 
Dort gelang es nur wenigen Tausend Demonstranten, auf der Hauptstraße
Newskij Prospekt zu protestieren. Zwei Wochen später wurde der 
Geheimdienstchef von Petersburg entlassen - Petersburger Medien 
zufolge, weil er es nicht geschafft hatte, den Protest an prominenter
Stelle zu verhindern.
Ob das Kalkül, legitimen politischen Protest mit Gewalt zu 
verhindern, aufgeht, wird sich zeigen. Langfristig ist es selten eine
gesunde politische Strategie, Gewalt gegen friedliche Demonstranten 
einzusetzen.

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