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WAZ: Heute fliegt der Außenminister in die USA: Steinmeiers Stil - Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Frank-Walter Steinmeier ist ein bedächtiger Mann.
Analytisch, fleißig, problem-orientiert, loyal: anders als die stark
auf innenpolitische Wirkung bedachten Außenpolitiker Schröder und
Fischer ist Steinmeier weder ein Vermarkter seiner selbst noch als
gelernter Spitzen-Beamter einer seiner Partei, der SPD. An der Spitze
des Außenamtes steht nun kein Marketing-Mann mehr, sondern ein
Problemlöser. Das wird Deutschlands Außenpolitik verändern.
Schon Steinmeiers erste Äußerungen zeigen das. Da entführt die CIA
mutmaßliche Terroristen, nutzt für Geheimflüge den Frankfurter
Flughafen und der deutsche Außenminister erfährt das aus der Zeitung.
Reaktion Steinmeiers: anstatt aufzubrausen, die Bush- Regierung zu
geißeln und scharf Aufklärung zu verlangen, informiert Steinmeier die
Öffentlichkeit darüber, dass „der britische Außenminister Jack Straw
die USA im Namen der EU offiziell um Aufklärung bitten wird”. Damit
ist dreierlei gesagt: Die Zeit außenpolitischer Alleingänge
Deutschlands ist vorbei und Berlin agiert wieder europäischer; das
aggressive Bush-Bashing ist nicht mehr Regierungslinie und die
Beziehungen zur US-Administration werden wieder rein arbeitsmäßig;
die Außenpolitik verfolgt nicht in erster Linie innen- bzw.
parteipolitische Ziele.
Stilistisch knüpft Steinmeier nicht bei Schröder an, sondern, wie
im Übrigen sein Vorgänger Fischer in dieser Hinsicht auch: bei Kohl.
Der CDU-Kanzler hatte sich zum Anwalt der Kleinen gemacht,
Deutschland dabei als europäische Mittelmacht aufgestellt und die
Regierung international als ehrlichen Makler positioniert. Darin
scheint auch Steinmeier Deutschlands Rolle zu sehen: „Mit Blick auf
unsere eigene Geschichte kann es für uns Deutsche ratsam sein, jedes
Maß von Großspurigkeit im Verhältnis zu Dritten zu vermeiden.” Damit
käme Schröders demonstrative Achsenpolitik (Berlin, Paris, Moskau) an
ihr Ende, die in Osteuropa, besonders in Polen, als belastend und
spalterisch empfunden wurde.
Aus Berlin dürfte künftig berechenbare, verlässliche
Gleichgewichtspolitik betrieben werden. So etwas passt zu Steinmeiers
ausgleichendem Naturell. Freilich – einige Sozialdemokraten werden
sich daran gewöhnen müssen, dass der Außenminister zwar der SPD
angehört, aber im Amt nicht als ihr Botschafter agieren kann und
will. Wie auch – sollte Deutschland auf internationalem Parkett etwa
mit zwei Zungen reden?

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