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WAZ: Marschall Steinbrücks Plan. Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Peer Steinbrück verlangt einen Marshall-Plan für Griechenland. Das hat was, hatte doch schon die damalige Wiederaufbauhilfe der Amerikaner für das kriegszerstörte Europa viel mit Griechenland zu tun. Nach dem Krieg versuchte die Sowjetunion durch massive Hilfe für die griechischen Kommunisten, Griechenland aus dem westlichen Lager zu brechen. Europa war zu arm, um zu helfen. Da sprangen die Amerikaner ein.

Nun hat sich die Sowjetunion Gott sei Dank erledigt und auch die griechischen Kommunisten sind nicht mehr, was sie früher gewesen sein mögen. Griechenland hängt auch nicht wegen eines Weltkriegs am Fliegenfänger, sondern weil Regierungen unbedingt mehr Geld ausgeben wollten, als sie einnahmen. Außerdem zeigten sie, wie man mit billigen Europa-Krediten in die Grube fährt. Sie finanzierten damit einen Wünsch-Dir-Was-Staat und einen korrupten Beamten-Apparat. Griechenland nun mit Konjunkturhilfen zu kommen, mutet an wie der seltsame Versuch, einem übersättigten Hund fette Würste hinterher zu werfen.

Außerdem wäre es ein Vertrauensbruch. Im Stabilitätspakt steht, dass Staaten andere Staaten nicht heraushauen dürfen: keine Transfer-Union. Etwas anderes ist ein sogenannter Schuldenschnitt, den Finanz-Eurokraten mit dem verfehlten Begriff "Haircut" (Haarschnitt) belegen. Oder wollte man unfreiwillig mit dem Gedanken jonglieren, dass einmal halbierte Schulden so zuverlässig nachwachsen wie die Haare auf dem Kopf?

Einem Land indes Schulden zu erlassen, die es ohnehin nicht mehr zurückzuzahlen vermag, kann sinnvoll sein - unter bestimmten Bedingungen. Man muss den Griechen schon den Weg zurück in den Schlendrian verbauen. Auch sollte Brüssel von Athen verlangen, endlich die steuerhinterziehenden Millionäre zur Ader zu lassen.

Wenn das geschieht, darf sich Deutschland daran erinnern, selber einmal von einem Schuldenschnitt profitiert zu haben. 1952 wurden den Deutschen die Hälfte ihrer Nachkriegsschulden erlassen. Dies geschah aber weniger aus Menschenliebe; man wollte den Sowjets ihre Grenzen zeigen. Pardon, Herr Steinbrück, aber mit dem heutigen Griechen-Problem hat das wenig zu tun.

Fazit: Steinbrücks Marshall-Plan-Vergleich hinkt gewaltig. Nun wird es aber in jedem Fall teuer, Griechenland zu helfen. Ein Schuldenschnitt kann sinnvoll sein. Konjunkturprogramme sind es nicht.

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