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WAZ: Ein Geschenk auf Kosten der Städte. Leitartikel von Stefan Schulte

Essen (ots)

Westerwelle hat mit seiner Steuersenkungs-Leier auch die eigene Partei so sehr genervt, dass sie ihn durch Rösler ersetzte. Dass der nun die alte Platte auflegt, scheint absurd, ist aber so abwegig nicht. Sollten SPD und Grüne eine schwarz-gelbe Steuersenkung im Bundesrat stoppen, hätte Rösler ein hübsches Wahlkampfthema. "Rot-Grün beteiligt die Menschen nicht am Aufschwung" - die Kampagne schreibt sich von selbst. Schließlich fordert Rösler die Steuersenkungen nicht wie Westerwelle in der tiefsten Krise, worüber selbst die marktliberalsten Ökonomen den Kopf schüttelten.

An den wirklichen Problemen im Steuerstaate Deutschland geht das dennoch vorbei. Die Bundesrepublik liegt mit ihrer Schuldenquote nach wie vor im hinteren Feld der EU. Wann, wenn nicht im Aufschwung, will man daran etwas ändern? Als es in der Krise galt, sich für Konjunkturprogramme zu verschulden, waren sich schnell alle einig. Die Binse, das Geld in guten Zeiten zurückzuzahlen, vergessen Politiker allzu gern. Schwarz-Gelb würde damit den Fehler von Rot-Grün wiederholen. Keine gute Tradition. Zumal heute niemand weiß, wie viele Euro noch nach Griechenland fließen werden.

Zu tun gäbe es viel an der Steuerfront. Das größte Problem ist die ungerechte Verteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Letztere bluten im Ruhrgebiet reihenweise aus, werden längst fremdbestimmt. Finanzminister Schäuble hat deshalb immer betont, eine Reform der Gemeindefinanzen sei das wichtigste Anliegen seiner Amtszeit. Letzte Woche ist sie krachend gescheitert. Weil die Bundesregierung bis zuletzt nicht von ihrer Maximalforderung, Abschaffung der Gewerbesteuer, abgerückt ist. Das Bemühen um eine Einigung hätte größer sein können.

Vor diesem Hintergrund wird der neue Steuersenkungsplan für die Städte zu einer richtig schlechten Nachricht. Statt höherer Einnahmen, wie Union und FDP sie versprochen hatten, hätten sie sogar weniger. Ein Steuergeschenk von zehn Milliarden würde die Kommunen 1,5 Milliarden kosten. Geld, das heute schon für Turnhallen, Bibliotheken und Kindergärten fehlt. Die paar Euro, die der Mittelstands-Papa dann mehr übrig behielte, könnte er gleich in den Tank werfen, um sein Kind zum nächsten noch nicht geschlossenen Schwimmbad zu fahren.

Fazit: Die Regierung hat die wichtigste Reform - der Gemeindefinanzen - in den Sand gesetzt. Eine Steuersenkung macht es für die Kommunen nur noch schlimmer.

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