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WAZ: Patientenverfügung geregelt - Autonomie - bis zum Lebensende - Leitartikel von Miguel Sanches

Essen (ots)

Seit mindestens sechs Jahren dauert die Diskussion
über die Patientenverfügungen an. Das Ergebnis: Verunsicherung. 
Deswegen war es richtig, dass der Bundestag mit einem Gesetz Klarheit
geschaffen hat. Nach der Vorgeschichte war es nicht möglich, als 
Parlamentarier unverbindlich zu bleiben, quasi nach der Devise "gut, 
dass wir darüber geredet haben".
Niemand muss eine Verfügung aufsetzen. Wer es doch tut, will 
nicht am Ende seines Lebens der Intensivmedizin ausgeliefert sein. 
Das Risiko nimmt zu, weil die Menschen immer älter werden und die 
Medizin mehr denn je dazu fähig ist, das Sterben hinauszuschieben.
Jeder kann eine medizinische Behandlung ablehnen; und zwar völlig
unabgängig von seinen Heilungschancen. Das ist eine freie 
Entscheidung. Und diese Freiheit sollte jeder auch dann haben, wenn 
er nicht mehr entscheidungsfähig ist und zum Beispiel im Koma liegt. 
Genau für solche Fälle setzt ein Mensch eine Verfügung auf. Er will 
in jeder Situation autonom bleiben.
Das ist nicht so einfach, wie es klingt. Es gibt ernste Einwände:
Ein Mensch kann seine Meinung ändern. Er kann auch unmöglich für alle
Fälle voraus bestimmen, was zu tun ist. Nur: Was wäre die 
Alternative? Dass Dritte an seiner Stelle entscheiden, Ärzte, 
Betreuer, am Ende Gerichte. Und das ist keine Alternative. Ohnehin 
bleiben Dritte auch mit dem neuen Gesetz nicht außen vor. In jedem 
Fall wird geprüft, ob eine Patientenverfügung auf die konkrete 
Situation passt.
Halten wir das Wichtigste fest: Alle Patientenverfügungen - es 
soll mehr als acht Millionen geben - bleiben gültig. Niemand muss 
eine umschreiben, um neuen Vorschriften gerecht zu werden. Das neue 
Gesetz entspricht im Wesentlichen der Rechtssprechung, beseitigt aber
alle Zweifel. Politisch war schon der Weg das Ziel, weil der 
Bundestag sich der Problematik gestellt hat und den Worten Taten 
folgen lässt. Es siegte die praktische Vernunft gegen die Sorge, dass
eine Hintertür für eine Sterbehilfe geöffnet wird.
Man könnte wie Bosbach viele Bedingungen fixieren: 
Beratungspflichten, Fristen, Krankheitsverläufe. Das würde nur neue 
Zweifelsfälle schaffen, und am Ende würde ein Mensch womöglich wegen 
Formfehlern zwangsernährt. Bei Bosbach war zu viel Misstrauen im 
Spiel. Man darf nicht den Blicks fürs Wesentliche verlieren: Die 
Würde des Menschen ist unantastbar.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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